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Atom-effiziente Mechanismen in der Elektronen-induzierten chemischen Synthese: Aktivierung von CO, N2 und CO2

Fachliche Zuordnung Physikalische Chemie von Molekülen, Flüssigkeiten und Grenzflächen, Biophysikalische Chemie
Festkörper- und Oberflächenchemie, Materialsynthese
Physikalische Chemie von Festkörpern und Oberflächen, Materialcharakterisierung
Förderung Förderung von 2012 bis 2022
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 232877954
 
Erstellungsjahr 2022

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Reaktive Spezies, die durch Elektron-Molekül-Wechselwirkungen gebildet werden, können zum Aufbau größerer und stabiler Produkte aus kleinen Ausgangsverbindungen führen. Interessant sind insbesondere Reaktionen, bei denen ein intaktes Molekül an einen Reaktionspartner addiert und sich Produkte im Sinne einer Atom-effizienten Synthese unter Ausnutzung möglichst aller Atome der Edukte bilden. Im Rahmen dieses Projekts wurden die Mechanismen solcher Elektronen-induzierter Synthesen untersucht. Dazu wurden die Reaktionspartner unter UHV-Bedingungen als dünne Eisschicht auf einer inerten Metalloberfläche präpariert und mit einer defokussierten Elektronenkanone mit Energien im Bereich von 1-20 eV bestrahlt. Die Bildung von stabilen neutralen Produkten wurde durch thermische Desorptions-Spektrometrie (TDS) unter Verwendung eines Restgas-Analysators nachgewiesen und als Funktion der Elektronenenergie quantifiziert. Besonders flüchtige Verbindungen wurden auch während der Bestrahlung durch Elektronen-stimulierte Desorption (ESD) erfasst. Ausgangspunkt des Projekts war die bereits bekannte Elektronen-induzierte Hydroaminierung, bei der Ionisation eines der Reaktionspartner C2H4 und NH3 zur Bildung von Ethylamin führt. Der Mechanismus dieser Reaktion wurde in der ersten Förderperiode umfassend abgesichert und auf analoge Fälle (Synthese von Ethanol aus C2H4 und H2O und von Formamid aus CO und NH3) übertragen. Dabei wurde im Fall der Ethanol-Synthese ein alternativer Weg zum Produkt identifiziert, der über ein intermediäres Radikalanion C2H4⦁- verläuft. Daher wurden in der zweiten Förderperiode insbesondere Reaktionsgemische aus CO und H2O oder CH3OH sowie das analoge Gemisch C2H4 mit CH3OH detailliert untersucht. Diese Studien betrachteten nicht nur die Abhängigkeit von Ausbeuten jeweils mehrerer Produkte von der Elektronenenergie, sondern auch den Vergleich unterschiedlicher Gemische. Diese Strategie führte zu einem grundlegenden Verständnis der Mechanismen Elektronen-induzierter Chemie der Eisschichten. Dieses Verständnis wurde in einem abschließenden Übersichtsartikel zusammengefasst, der ein systematisches Bild der zugrunde liegenden Reaktionsmechanismen aufzeigt und damit eine wichtige Referenz für zukünftige Studien zu Elektronen-induzierter Chemie darstellt. Während bisher oft davon ausgegangen wird, dass Radikalrekombination der dominante Reaktionsmechanismus ist, zeigen die Ergebnisse dieses Projekts, dass die durch eine Elektron-Molekül-Wechselwirkung entstehenden reaktiven Fragmente Reaktionen mit stabilen Nachbarmolekülen eingehen, die die Mechanismen der Produktbildung bestimmen. Diese Mechanismen sind verständlich auf Basis von Prinzipien, die aus der organischen Chemie bekannt sind, wie zum Beispiel nukleophile Substitutionen, Säure-Base-Reaktionen, Additionsreaktionen und Oligomerisierungen. Insbesondere wurden in den untersuchten Systemen Reaktionen wie Transfer-Hydrogenierungen, Reduktionen durch H-Radikale und Hydrogenierung durch Methoxy-Radikale sowie Additionsreaktionen identifiziert. Ein zusätzlicher Aspekt beschäftigt sich mit den Mechanismen, die der Elektronen-induzierten Oxidation von CO zugrunde liegen. Die im Rahmen dieses Projekts untersuchten Elektronen-induzierten Synthesen in molekularen Systemen liefern wichtige Einsichten, wie sich komplexe Moleküle im Weltraum bilden können. Solche Reaktionen sind aber auch nutzbar für neuartige Prozesse zur Funktionalisierung von Oberflächen. Dabei werden neue Bindungen zwischen molekularen Einheiten und Oberflächenatomen gebildet, um insgesamt auch hier im Sinne einer Synthese eine Struktur mit höherer Komplexität zu bilden. Eine präzise Kontrolle über Elektroneninduzierte Reaktionen ermöglicht aber auch, die Eigenschaften von Nanostrukturen zu modifizieren. Beispielsweise kann die Hydroaminierung genutzt werden, um Stickstoff-haltige Gruppen in eine Kohlenstoff-Matrix einzubringen, die sich mittels fokussierter Elektronenstrahlen aus organischen oder metallorganischen Verbindungen mit schwer zu entfernenden organischen Liganden im Rahmen des FEBID-Verfahrens (focused electron beam induced deposition) herstellen lassen. Das fundamentale Verständnis Elektroneninduzierter Synthesen bietet also auch einen vielseitigen Zugang zu neuen hybriden Nanomaterialien.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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