Altersunterschiede in der emotionalen Reaktivität:Die Altersrelevanz der diskreten Emotion zählt
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Emotionale Reaktivität ist eine wichtige Facette emotionaler Kompetenz und hat wichtige Funktionen über die gesamte Lebensspanne hinweg. Bisherige altersvergleichende Arbeiten verfolgen überwiegend einen Dimensionsansatz und unterscheiden diskrete negative (und positive) Emotionen nicht voneinander. Zudem wird eine erhöhte negative Reaktivität oft als dysfunktional für die längerfristige Entwicklung angesehen. In dem nun abgeschlossenen Forschungsbericht entwickelten wir unsere diskrete Emotionstheorie affektiven Alterns weiter und konnten belegen, dass Altersunterschiede in der negativen emotionalen Reaktivität multidirektional sind. Nicht alle negativen Emotionen werden im Alter weniger intensiv erlebt und ausgedrückt als in jungen Jahren. Die Intensität von Traurigkeit ist im Alter erhöht oder gleichbleibend und nimmt nicht wie etwa die Intensität von Ärger altersbezogen ab. Dies konnten wir, die bisherige empirische Forschung ergänzend, auf verschiedenen Reaktionsebenen (subjektives Erleben, mimische Expressivität, verbale Expressivität und physiologische Aktiviertheit) zeigen. Zudem konnten wir erste überzeugende Hinweise darauf vorlegen, dass ein den Altersunterschieden zugrundeliegender Mechanismus in altersdifferentiellen Kontrollüberzeugungen und -prozessen liegen könnte. So konnten wir mittels der Aktivierung einer Tendenz zur Zielaufgabe und geringer subjektiver Kontrolle nachfolgende Trauerreaktionen auf einen filmisch dargebotenen Reiz bei jungen Erwachsenen verstärken und auf die Intensitätsstufe der Älteren erhöhen. In zukünftiger Forschung werden wir unsere theoretischen und empirischen Arbeiten auf andere Emotionen ausweiten, die Mechanismen für Altersunterschiede in der emotionalen Reaktivität weiter untersuchen und uns mit der altersdifferentiellen Adaptivität diskreter negativer (und positiver) Emotionen auseinandersetzen. Unserer Theorie zufolge könnte eine erhöhte negative Reaktivität immer dann an Dysfunktionalität verlieren (und vielleicht sogar adaptiv sein), wenn es sich um eine Emotion handelt, die das Individuum darin unterstützt, wichtige Entwicklungsaufgaben erfolgreich zu bewältigen.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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(2017) Emotional aging: taking the immediate context seriously. Research in Human Development, 14 (3)182-199
Kunzmann, U. & Isaacowitz, D. M.
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(2014). Emotional aging: a discrete emotions perspective. Research topic: emotion and aging: recent evidence from brain and behavior. Frontiers in Psychology - Emotion Science
Kunzmann, U., Kappes, C., Wrosch, C.
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(November 2014). Signs of anger and sadness in autobiographical memories: Age matters. 68. Annual Meeting of the Gerontological Society of America, Washington (USA)
Kunzmann, U. & Rohr, M.
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(July 2015). Anger and sadness: differential age trajectories. Meeting of the International Society for the Study of Behavioral Development (ISSBD), Geneva (Switzerland)
Kunzmann, U., Wieck, C., & Rohr, M.
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(September 2015). Altersunterschiede in der positiven emotionalen Reaktivität: Eine Frage der Reaktionsebene? 22. Tagung der Fachgruppe Entwicklungspsychologie, Frankfurt (Deutschland)
Rohr, M., Wieck, C., & Kunzmann, U.
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(September 2016). Emotional aging: a discrete emotions approach. 50th Congress of the German Society of Psychology, Hot Topic Symposium: Emotional Aging. Lifespan Perspectives, Leipzig (Germany)
Kunzmann, U.
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(2017). Emotional Development in Old Age. In Pachana, N. (Ed.), Encyclopedia of geropsychology (S. 752-762). New York: Springer
Kunzmann, U. & Wrosch, C.
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(2017). Speaking About Feelings: Further Evidence for Multidirectional Age Differences in Anger and Sadness. Psychology and Aging, 32, 93-103
Kunzmann, U., Rohr, M., Wieck, C., Kappes, K., & Wrosch, C.