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Politik und Komik. Zur Selbst- und Fremdinszenierung politischer Akteure in hybriden Satire- und Comedyformaten des deutschen Fernsehens.
Antragstellerinnen / Antragsteller
Professor Dr. Andreas Dörner; Professorin Dr. Ludgera Vogt
Fachliche Zuordnung
Empirische Sozialforschung
Förderung
Förderung von 2013 bis 2016
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 233791388
Das Imagebuilding von Politikern ist für deren Machterwerb und Machterhalt äußerst wichtig. Die mediale Inszenierung von politischen Akteuren in ihrer Berufs- und Privatrolle liegt darum bereits seit einigen Jahren im Fokus der wissenschaftlichen Betrachtung. In neuerer Zeit zeichnet sich jedoch eine Tendenz ab, die in der Forschung bisher kaum beachtet wurde: Politiker treten zunehmend in komikorientierten Fernsehformaten wie "Pelzig hält sich" oder "heute show" auf. Dieser Umstand ist vor allem deshalb erstaunlich, weil Komik in der Tradition von Satire und Kabarett als bewährtes Mittel der politischen Kritik gilt. Politiker scheinen im Kampf um die knappe Ressource Aufmerksamkeit verstärkt die Chance zu suchen, in komischer Modulation das positive Image eines humorvollen Menschen aufzubauen, der unterhaltsam ist und über sich selbst lachen kann. Gleichzeitig setzen sich politische Akteure bei solchen Auftritten einem hohen Risiko aus. Sie treten in Interaktion mit erfahrenen und teils kritischen Medienakteuren, deren Komikgebrauch einer eigenen Unterhaltungslogik folgt. So zeichnet sich Komik durch inhärente Polysemie und erweiterte Tabugrenzen aus. Dies birgt für Politiker die Gefahr starker Unberechenbarkeit, im Fall ungeschickten Agierens sogar die Gefahr, albern, lächerlich und somit für Amt und Mandat zu unseriös zu wirken. Der Fokus des Forschungsvorhabens liegt auf der Analyse des Einsatzes von Komik durch politische und mediale Akteure vor der Kamera und auf der Aneignung solcher Präsentationen durch die Fernsehzuschauer. Dabei soll auch untersucht werden, inwiefern diese Auftritte die Wahrnehmung von Politik und Politikern durch das Publikum beeinflussen. In der bisherigen, primär amerikanischen Rezeptionsforschung herrscht dahingehend Uneinigkeit. Um die Spezifika der Selbstpräsentation von Politikern im Komikmodus klarer verorten zu können, werden zum Vergleich Fremdinszenierungen in klassischen Satire- und Kabarettformaten herangezogen.Die konkreten Fragestellungen lauten:1. Welche Potentiale komischer Kommunikation werden von politischen und medialen Akteuren jeweils strategisch genutzt?2. Wie erfolgt die Aneignung solcher Auftritte durch Zuschauer und welche Konstruktionen des Politischen werden dabei generiert? 3. Welche Chancen und Risiken für die politische Imagebildung lassen sich hier feststellen? Bietet die komische Selbstpräsentation aus Sicht der Akteure ein Gegengewicht zu den kritischen Potentialen von Kabarett und Satire?Die explorativ angelegte empirische Studie folgt einem erweiterten Konzept der interpretativen "Videographie". Die Analyse setzt an den drei Dimensionen Produktion, Text und Rezeption an und vermag damit ein der Komplexität des Gegenstandes angemessenes Bild zu zeichnen. Das Ziel sind Einblicke in eine neue Entwicklung des "Politainment" in Deutschland, die sich dem wissenschaftlichen Blick bisher nahezu vollständig entzogen hat.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen