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SFB 1109:  Molekulare Einblicke in Metalloxid-Wasser-Systeme: Strukturelle Evolution, Grenzflächen und Auflösung

Fachliche Zuordnung Chemie
Förderung Förderung von 2014 bis 2018
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 234149247
 
Erstellungsjahr 2019

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Metalloxide machen den Großteil der Erdoberfläche aus. Die Oberflächenchemie dieser Oxide wird durch die Wechselwirkung mit Wasser und dort gelösten Ionen geprägt. Metalloxid/Wasser-Wechselwirkungen sind auch in unserer technisierten Umwelt von entscheidender Bedeutung, sowohl für eine Vielzahl von bestehenden als auch für sich neu entwickelnde industrielle und verbraucherorientierte Anwendungen: Die Lebensdauer von Metalloxiden, beispielsweise in Form von medizinischen Implantaten, Oberflächenbeschichtungen oder Baumaterialien hängt stark von ihrer Widerstandsfähigkeit gegenüber Korrosion in wässriger Umgebung ab, und oftmals werden Metalloxide auch aus wässrigen Lösungen hergestellt. Ein detailliertes Verständnis der Metalloxid/Wasser-Wechselwirkungen, welche die Oxidbildungs- und -auflösungsprozesse bestimmen, ist daher für die Entwicklung von Materialien mit den jeweils gewünschten Eigenschaften sowie für die Sicherstellung der Langzeitstabilität dieser Materialien (Resistenz gegenüber Abbau und Korrosion) unverzichtbar. Obwohl verschiedene Metalloxid/Wasser-Grenzflächen über lange Zeit untersucht worden sind, konnte in vielen Fällen noch kein grundlegendes Verständnis erreicht werden. Ein Grund dafür liegt in der Natur der Metalloxid/Wasser-Chemie, deren Untersuchung eine Multiskalen-Betrachtung erfordert: Eine umfassende Beschreibung von Metalloxid/Wasser-Grenzflächen muss Prozessen auf Längenskalen, die von individuellen Molekülen über Cluster und Nanopartikel bis hin zu ausgedehnten kristallinen und amorphen Materialien reichen, Rechnung tragen. Da die analytischen und theoretischen Methoden in den letzten Jahrzehnten jedoch rapide weiterentwickelt wurden, können die elementaren Prozesse, die die Metalloxid/Wasser-Wechselwirkungen kontrollieren, inzwischen für alle relevanten Systemgrößen untersucht werden. Genau dies war das Ziel des SFB 1109: durch die Untersuchung von Metalloxid/Wasser-Wechselwirkungen über einen großen Längenskalen-Bereich wurde das Verständnis der komplexen Prozesse, die der Bildung von Oxiden, ihrer strukturellen Entwicklung und ihrer Auflösung zugrunde liegen, und der Veränderung dieser Prozesse mit der Oxidkomplexität und dem Wasseranteil auf atomarer Ebene vorangetrieben. Exemplarisch wurden Siliciumdioxid, Aluminiumoxid und Eisenoxide untersucht, also Metalloxide, die sowohl in der Natur als auch in Anwendungen allgegenwärtig sind. Um der Komplexität gerecht zu werden, mit der man sich in praktischen Anwendungen konfrontiert sieht, wurden auch ternäre Systeme untersucht, die sich aus diesen Oxiden zusammensetzen. Zur Untersuchung der unterschiedlichen Prozessstufen, die beim Aufbau und bei der Auflösung von Oxiden in der wässrigen Phase durchlaufen werden, hat der SFB eine Kombination modernster Methoden der Theoretischen Chemie, chemischen Synthese und Spektroskopie, einschließlich zeitaufgelöster in-situ- Spektroskopie, eingesetzt. Jede der angewendeten Methoden war dabei geeignet, ein unterschiedliches Niveau struktureller Komplexität eines ausgewählten Metalloxides im Kontakt mit Wasser zu adressieren. Innerhalb der bewilligten Laufzeit von fünf Jahren hat der SFB sich auf die Untersuchung der frühen Stadien der Oxidbildung, die Wechselwirkung von Gasphasen-Modellen und Modelloberflächen mit kleineren Mengen an Wasser, die Herstellung und die Eigenschaften von Defektstellen, die Nukleation und Kristallisation sowie auf die Ergründung des Potentials molekularer Verbindungen und zweidimensionaler Filme als Modelle für stärker aggregierte Strukturen konzentriert. Im Zuge dieser Arbeiten konnte gezeigt werden, dass sich während der Hydrolyse von Aluminium- Vorläufern Aluminiumhydroxid-Cluster (deren Größe sich durch die Menge an zugesetztem Wasser kontrollieren lässt) auf dem Weg zu den entsprechenden Festkörpern durch den Zusatz geeigneter Siloxid- Liganden abfangen lassen, und die resultierenden wohldefinierten Moleküle verhalten sich wie kleine Zeolith-Einheiten, die auch ähnliche Reaktionen katalysieren können. Mikrohydratisierte Aluminiumoxid- Gasphasen-Cluster erwiesen sich als wertvolle spektroskopische Modelle für die Zuordnung der Schwingungsspektren, die für Aluminiumoxid/hydroxid-Oberflächen aufgenommen wurden. Letztere, sowie auch Eisenoxid- und Aluminosilikat-Oberflächen, ließen sich wiederum in adäquater Weise mit Hilfe von zweidimensionalen Oxid-Filmen modellieren, so dass Hydrolyseprozesse studiert werden konnten. Die Einbettung von Fluorid-Ionen als Defekt-Stellen in festem Aluminiumoxid änderte signifikant das Hydratisierungs- und Dehydroxylierungsverhalten sowie auch die Oberflächenreaktivität. Im Hinblick auf Eisenoxid-Festkörper konnte gezeigt werden, dass im Prozess ihrer Bildung die Entwicklung von Prä- Nukleationsclustern und Nanopartikeln empfindlich von den äußeren Bedingungen abhängt. Mesoporöse amorphe Filme erwiesen sich als nützliche Modelle, um das Kristallisationsverhalten von Eisenoxiden zu untersuchen und um die Bedingungen für Phasenumwandlungen einzustellen. In Versuchen, Eisen-Ionen in Silikat-Einheiten einzubinden, erfolgte jeweils Segregation, was gegen den Einbau von Eisen in Zeolith-Gerüste im Zuge von Imprägnierungsprozessen spricht. Ausgehend von Kohlenstoffnanoröhren konnten durch eine Sequenz von Abscheidungsprozessen SiO2-Nanoröhren generiert werden. Monomere SiO2- Einheiten konnten mit Hilfe von starken Donor-Liganden stabilisiert werden, so dass ihre intrinsischen Eigenschaften studiert werden konnten. Zudem haben theoretische Arbeiten zur Oxid-Hydratisierung gezeigt, dass bei Beladungen über eine monomolekulare Schicht hinaus Umstrukturierungsprozesse der Oberfläche in Betracht gezogen werden müssen. Diese Resultate bereiten den Weg für zukünftige Forschung zur Vertiefung des Verständnisses hinsichtlich der Mechanismen, über die Metalloxide gebildet und wiederaufgelöst werden, unter Einbeziehung von nichtlokalen Effekten, der Entwicklung der elektronischen Struktur mit der Systemgröße sowie größerer Mengen an Wassermolekülen. Dies wäre wiederum die Grundlage, um das langfristige Ziel solcher Forschung zu erreichen: die rationale Synthese von Metalloxiden mit vorgegebenen Eigenschaften.

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