Arbeiterfotografie als bildwissenschaftliches Ausstellungskonzept. Rekontextualisierung in dinglichen und künstlerischen Überlieferungen
Ethnologie und Europäische Ethnologie
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das DFG-Projekt hatte nach der medialen Einbindung in den Zeitkontext, nach den näheren Lebensverhältnissen und Orientierungen der proletarischen Knipser, nach Netzwerken, habituellen und mentalen Anlagen, Stilen und Inszenierungen im Bewusstsein ihrer Rolle als Dokumentatoren klassenspezifischen Alltagslebens und politischen Kampfes gefragt. Im Sinne einer historischen Anthropologie galt die Aufmerksamkeit Medien, Diskursen und den sie produzierenden Menschen mit ihren Interessen, Gefühlen und Verhaltensroutinen. Schon die Tatsache, dass die beiden Kunstmuseen eine dezidiert kulturhistorische Ausstellung und das Stadtmuseum eine dezidiert bildwissenschaftliche Konzeption mittrugen, bedeutet eine innovative Öffnung von deren Praxis für einen bisher übersehenen Befund und neue methodische Ansätze – auch für teilweise neue Publikumsschichten. Doch erwies es sich als schwierig, zwischen den Institutionslogiken des Forschungsprojekts und denen des musealen Alltagsbetriebs zu vermitteln: Nach weitgehend pragmatischen Abstimmungen in Zwickau und Köln gelang jedoch in Dresden ein intensiver Austausch über historische, museologische und didaktische Fragen, die in einer Klärung der Konzeption, neuen Präsentationsansätzen und Vermittlungen zwischen Forschungsinteresse und Publikationsform resultierten. Die Entwicklung von Bildgeschichten als didaktisches Mittel, die Gegenüberstellung der Fotografien mit Gemälden, Grafik und Objekten visueller Alltagskultur, die Differenzierung zwischen Überlieferungsformen sowie die Texte trugen dem Rechnung. Dieser Ansatz stieß bei allen drei Kooperationspartnern auf Akzeptanz und wurde in enger Zusammenarbeit mit der museologischen Begleitforschung den Bedürfnissen der Häuser angepasst. Soweit sich dies empirisch in Führungen nachprüfen ließ, fand es auch beim allgemeinen Publikum und bei Museumskollegen ein gutes Echo. Dem dienten auch die unterschiedlichen Gestaltungen als symbolische Formen, die die Bilder den Erwartungen der Besucher nahebrachten. Alle drei Museen hatten sich mit der Ausstellung auf Neuland begeben, auch in Bezug auf ihr Publikum: in Zwickau und Dresden regional, in Köln dank der photokina auch international. Insbesondere das Stadtmuseum setzte sich intensiv mit der Thematik auseinander und ent-wickelte zudem ein umfangreiches Begleitprogramm. Hier konnten sowohl in einer gut besuchten Tagung sowie in fast 20 Kuratorenführungen für Fachkollegen und Studierende unterschiedlicher Disziplinen das Thema und der Forschungsansatz des DFG-Projekts propagiert werden. Hierzu trugen auch Beteiligung an der Ausstellung „Manifeste!“ (Essen, Winterthur), vier Vorträge des Kurators sowie die anspruchsvoll gestaltete Begleitpublikation in einem Avantgardekunst-Verlag bei, die ausgesprochen positiv wahrgenommen worden ist.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Arbeiterfotografie als bildwissenschaftliches Ausstellungskonzept, in: Wolfgang Hesse (Hg.): Das Auge des Arbeiters. Arbeiterfotografie und Kunst um 1930, Leipzig 2014, S. 19-32
Wolfgang Hesse
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Das Auge des Arbeiters. Arbeiterfotografie und Kunst um 1930, Leipzig 2014
Wolfgang Hesse (Hg.)
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„Radikale Umwälzung der Stoffe und Formen“. Zur Historisierung der fotografischen Moderne im Dresdner Museum für Fotografie, in: Sigrid Hofer, Martin Schieder (Hg.): Fotografieren in der DDR (Schriftenreihe des Arbeitskreises Kunst in der DDR, Bd. 2), Dresden 2014, S. 104-120
Wolfgang Hesse
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Auge und Archiv. Mediale Ressourcen der Arbeiterfotografie der Weimarer Republik, in: Alf Lüdtke, Tobias Nanz (Hg.): Laute, Bilder, Texte. Register des Archivs, Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht 2015, S. 47-64
Wolfgang Hesse