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Wissenschaft und Religionskultur. Eine Untersuchung von Identitätskonstruktionen in der Stammzellforschung in Deutschland und in den USA

Antragstellerin Dr. Silke Gülker
Fachliche Zuordnung Empirische Sozialforschung
Förderung Förderung von 2013 bis 2019
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 235080283
 
Das Projekt geht der Frage nach, ob und wenn ja inwiefern wissenschaftliche Arbeit durch religionskulturelle Hintergründe der Wissenschaftler/innen beeinflusst wird. Der Begriff Religionskultur betont neben der individuell explizierbaren Religiosität auch die biographisch bedingte implizite Übernahme von religionskulturellen Institutionen, Institutionen verstanden als zur Norm gewordene Habitualisierungen. Untersucht wird die Frage am Beispiel von religionskulturell heterogen zusammengesetzten Forschungsteams in der Stammzellenforschung in Deutschland und in den USA. Auf Grundlage einer Kombination von biographischen Interviews und teilnehmender Beobachtung wird analysiert, 1) wie religionskulturell geprägte Regulierungen in der wissenschaftlichen Arbeit antizipiert werden, 2) ob und inwiefern bei Identitätskonstruktionen in der Kommunikation unter Kolleg/innen und 3) bei der Erklärung bislang Unerklärtem auf biographisch erlernte religionskulturell geprägte Institutionen zurückgegriffen wird. Mit dieser Fragestellung arbeitet das Projekt an zentralen Forschungsdesiderata der Wissenschaftssoziologie. Die Disziplin hat die Untersuchung gesellschaftlicher Einbettung wissenschaftlicher Wissensproduktion zu ihrer Aufgabe gemacht. Dabei wurden aber bislang potenzielle kulturelle Unterschiede in der Wissensproduktion vernachlässigt und Fachgemeinschaften ungeprüft als homogene Einheiten behandelt. Demgegenüber stellt das Projekt die Biographien der Wissenschaftler/innen und deren potenziellen Einflüsse auf den Forschungsprozess ins Zentrum. Mit dieser Perspektive wird sowohl die Bedeutung von Religion in heutigen internatonal vernetzten Wissensgesellschaften als auch der Prozess wissenschaftlicher Wissensproduktion neu hinterfragt.Das Forschungsgebiet der Stammzellenforschung eignet sich besonders gut, weil hier geradezu kontrastierende Hypothesen naheliegend sind: In diesem Spezialgebiet einer etablierten naturwissenschaftlichen Disziplin ist einerseits ein hohes Maß an Homogenität in der Praxis und Abgeschlossenheit gegenüber außerwissenschaftlichen Einflüssen zu erwarten. Andererseits zeigt die Wissenschaftsgeschichte vielfältige religionskulturelle Prägungen in der medizinischen Forschung. Heute ist die Stammzellenforschung von überaus kontroversen ethischen und moralischen Debatten begleitet, mit denen sich Wissenschaftler/innen auseinandersetzen (müssen). Deutschland und die USA kontrastieren in Hinblick auf die öffentlichen Diskurse einerseits und die Regulierung von Stammzellenforschung andererseits doppelt: In Deutschland hat Religion im internationalen Vergleich eine geringe Bedeutung, die Regulierungen der Stammzellenforschung gehören gleichzeitig aber zu den restriktivsten. In den USA dagegen hat Religion eine große Bedeutung, die Stammzellenforschung ist aber wenig reguliert. In beiden Ländern besteht also (in umgekehrter Weise) eine Spannung zwischen Forschungspraxis und diskursiver Umgebung.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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