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Das griechische Jeremiabuch: Studien zur Komposition und zur Übersetzung

Fachliche Zuordnung Evangelische Theologie
Förderung Förderung von 2013 bis 2017
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 237802570
 
Erstellungsjahr 2017

Zusammenfassung der Projektergebnisse

1) Im Zuge des Projekts zeigte sich, dass der griechische Übersetzer(kreis) durchgängig nach den Übersetzungsprinzipien Isomorphismus (Übertragung eines Morphems im Ausgangstext in die Zielsprache) und möglichst genaue Nachahmung der hebräischen Wortfolge und Satzstruktur arbeitete. Dies macht das zentrale Interesse der Übersetzer(kreise)s deutlich: Er wollte das ihm vorliegende hebräische Jeremiabuch so „originalgetreu“ wie möglich seiner Adressatenschaft nahebringen. Für die in der Forschung umstrittene Frage nach der hebräischen Vorlage bedeutet dies: Es ist vollkommen unwahrscheinlich, dass der Übersetzer(kreis) eine Vorlage hatte, die dem masoretischen Jeremiabuch entsprach, und die er im Zuge seiner Übersetzung dann eigenständig umstrukturierte und interpretierend veränderte. 2) Im Rahmen von Isomorphismus und möglichst genauer Nachahmung der hebräischen Wortfolge und Satzstruktur war der Übersetzer(kreis) bei der Übertragung in manchen Bereichen durchaus frei, wie z.B. in der Wiedergabe der Wortarten, des Numerus und der Semantik (er hielt sich in der Regel eng an die ihm vorgegebene Semantik, gab aber nicht stereotyp ein hebräisches Wort in der gesamten LXX-Jer mit ein- und demselben griechischen Wort wieder). Der griechische Übersetzer(kreis) entschied sich insbesondere dann gegen eine „mechanische“ oder „wortwörtliche“ Wiedergabe des Hebräischen, wenn dies dem Textsinn aus seiner Sicht nicht dienlich war. Dies belegt nicht zuletzt (gegen die diesbezüglich skeptische Mehrheit der ExegetInnen) eine sehr gute Beherrschung des Hebräischen. 3) Isomorphismus und möglichst genaue Nachahmung der hebräischen Wortfolge und Satzstruktur bedeuten nicht, dass das Griechisch in der LXX-Jer als schlechtes, dem Standard nicht entsprechendes Griechisch zu beurteilen ist. Der Text zeigt vielmehr, dass mit großer Sorgfalt und Sensibilität übersetzt wurde. Denn der griechische Übersetzer(kreis) nutzte die „Spielräume“, die ihm die griechische Sprache bot, reichlich aus, z.B. in Bezug auf Präfigierungen, auf verschiedene Arten von Verneinungen und auf Möglichkeiten, Aspekte und Modi zum Ausdruck zu bringen. Insbesondere letzteres ist für die Einschätzung der (bislang eher unterschätzten) Qualität der Übersetzung der LXX-Jer wichtig. 4) Ergiebig war die innovative Analyse der Kommunikationsstruktur der zwei Textfassungen. Dabei wurden nicht nur interessante Besonderheiten in der Textgestaltung sichtbar wie die Strukturierung der Reden durch Zitate im Zitat (in den Übersetzungen ausgewiesen durch ein System von Anführungszeichen) oder die mehrfachen Unterbrechungen der Gottesreden durch andere Stimmen (die in den Übersetzungen eingerückt gedruckt wurden). Es zeigte sich auch ein gravierender Unterschied zwischen den beiden Textfassungen: Im MT-Jer ist die Stimme des Bucherzählers dominant (der über Jeremia erzählt), in der LXX-Jer bzw. ihrer hebräischen Vorlage hingegen die Stimme des Propheten (der im wesentlichen die Reden Gottes zitiert). 5) Die Unterschiede in der Kommunikationsstruktur sind relevant für die Einschätzung, wie sich die proto-masoretische Textfassung und die hebräische Vorlage der LXX-Jer zueinander verhalten: Nicht zuletzt die textlichen Differenzen im Schlüsselkapitel 25 deuten darauf hin, dass es proto-masoretische Redaktoren waren, die die Fremdvölkersprüche von ihrem ursprünglichen Ort nach 25,13 in den hinteren Teil des Buches versetzten, aus den ursprünglichen Teilen Jer 25,1—13 und Jer 32 den Kunsttext „MT-Jer 25“ schufen und die Texte narrativierten.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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