Detailseite
Projekt Druckansicht

Zeitliche Dynamik von quantitativen Nahrungsnetzen: Vergleich von theoretischen Nahrungsnetzmodellen mit empirischen Mustern von Wirt-Parasitoid-Interaktionen

Fachliche Zuordnung Ökologie und Biodiversität der Tiere und Ökosysteme, Organismische Interaktionen
Förderung Förderung von 2013 bis 2015
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 239329664
 
Erstellungsjahr 2016

Zusammenfassung der Projektergebnisse

In diesem Projekt wurde die zeitliche Dynamik von Nahrungsnetzen untersucht. Dabei lag der Fokus auf dem Spruce Budworm, einem Schmetterling, der in Nordamerika alle 3-4 Jahrzehnte verheerende Massenvermehrungen mit hoher Mortalität insbesondere bei der Balsamtanne durchlebt, und dessen natürlichen Gegenspielern, parasitischen Wespen und Fliegen (Parasitoiden). Im Projekt wurde ein sehr umfangreicher Datensatz zu Insekten und deren Interaktionen auf der Balsamtanne aus den Jahren 1982-1995 aufgearbeitet. Die konsistente Zusammenführung und Standardisierung dieser Daten aus verschiedenen Formaten war dabei unerwartet aufwendig und nahm einen erheblichen Teil der Zeit ein. Als Ergebnis der Datenaufarbeitung wurde das erstaunlich artenreiche Insekten-nahrungsnetz auf der Balsamtanne quantifiziert und dessen Veränderung mit der Populationsentwicklung des Budworm beschrieben. Es zeigte sich, dass viele der wesentlichen Parasitoiden des Budworm im Kontext der Studie als spezialisiert angesehen werden müssen, und damit vermutlich nicht von alternativen Wirtsinsekten abhängen. Dennoch gab es Hinweise, dass die Parasitierung anderer Schmetterlingsarten indirekt auch von Budworm-Ausbrüchen beeinflusst wird. Die artenreiche Gemeinschaft der Hyperparasitoiden erscheint dagegen weniger spezialisiert und in ihrer Wirtswahl flexibler, wodurch sie zu hoher Komplexität der Nahrungsnetzdynamik beitragen könnte. Bemerkenswerterweise konnte eine fundamentale Veränderung der Zusammensetzung der Parasitoidengemeinschaft zwischen Zeiten verschiedener Budworm-dichte nachgewiesen werden. Die hohe Parasitoidendiversität wird vermutlich erst dadurch ermöglicht, dass keine Art zu allen Zeiten dominiert und damit die Budworm-Population nicht vollständig durch Parasitoiden kontrolliert ist. Die hier nachgewiesene Komplexität der zeitlichen Abfolge verschiedener Parasitoidenarten sowohl im Jahresverlauf als auch über Jahre hinweg sollte auch in anderen Studien zu Wirt-Parasitoiden-Nahrungsnetzen stärker berücksichtigt werden. Ein wesentliches Nebenprodukt des Projektes war eine umfangreiche methodische Studie, die durch Simulationen die Quantifizierung von Spezialisierung anhand von Netzwerkdaten evaluierte. Dies bildet eine wichtige methodische Grundlage für die Interpretation der hier und in anderen Netzwerkstudien gefundenen Muster. In Anbetracht der empirischen Ergebnisse erscheint unwahrscheinlich, dass die Budwormbedingte Baummortalität durch Förderung alternativer Wirte verhindert werden kann, oder dass Parasitoiden der wesentliche Auslöser für das Ende eines Budworm-Ausbruchs sind. Verschiedene Parasitoidengruppen scheinen allerdings sehr wohl einen Beitrag zu leisten entweder zur Beschleunigung eines begonnenden Rückgangs der Budworm-Populationen und zum oft jahrzehntelangen Verbleiben des Budworm auf sehr niedriger Populationsdichte. Ein im Rahmen dieses Projektes entwickeltes mechanistisches, mathematisches Modell stützt diese Interpretationen im Wesentlichen. Entgegen in der Literatur postulierter Mechanismen ließ sich der langfristige Populationszyklus des Budworm nur rekonstruieren, wenn im Modell Baum-Mortalität auftrat. Wären die Zyklen nur durch Parasitoiden bedingt, müssten die Ausbrüche häufiger auftreten. Allerdings wurde durch dieses Modell auch ein neuer Mechanismus langfristiger Zyklen gefunden, bei dem die Ausbrüche durch ein Zusammenwirken von Baummortalität und Parasitoiden beendet werden. Dieses Projekt wird hoffentlich zur aktuellen Diskussion um nachhaltige Maßnahmen zur Vermeidung von Budworm-Schäden beitragen.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2014). Quantitative specialization measures in interaction networks and whether they can predict functional consequences across diversity levels. Annual meeting of the ESA (Ecological Society of America), Sacramento
    Fründ J, McCann K, Williams NM
  • (2015) A simple model generating realistic quantitative networks highlights sampling bias in specialization and network metrics. Annual meeting of the GfÖ (Ecological Society of Germany, Switzerland and Austria), Göttingen
    Fründ J, McCann KS, Williams NM
  • (2015) Dynamics of parasitoid communities and characteristics of spruce budworm outbreaks in relation to forest composition. IALE World Congress, Portland
    Fründ J, McCann KS, Eveleigh ES, MacKinnon WE
  • Sampling bias is a challenge for quantifying specialization and network structure: lessons from a quantitative niche model. Oikos
    Fründ J, McCann KS, Williams NM
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1111/oik.02256)
 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung