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Historisches Wissen aus Archiven: Geschichtsschreibung als Forschungspraxis zwischen Hof, Universität und Gelehrtenrepublik
Antragsteller
Professor Dr. Markus Friedrich
Fachliche Zuordnung
Frühneuzeitliche Geschichte
Förderung
Förderung von 2013 bis 2017
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 240282762
Das Projekt möchte an Hand zweier Fallstudien zu prominenten Historikern des 17. Jahrhunderts (Friedrich Hortleder, Caspar Sagittarius) exemplarisch rekonstruieren, wie historisches Wissen in der Frühen Neuzeit in gelehrten Kontexten produziert, legitimiert und funktionalisiert wurde. Es untersucht die Arbeit der Historiker vor der Abfassung ihrer Geschichtswerke, also den Weg der Historiker in die Archive, ihre Arbeit dort und schließlich den langen und komplexen Weg vom Archiv zur fertigen Narration. Damit plädiert das Projekt für eine entschiedene Erweiterung des historiographiegeschichtlichen Themenspektrums, denn die Praktiken der Recherche und der Verfertigung historischen Wissens sind trotz ihrer basalen Rolle für jede historische Narration bisher kaum behandelt worden. Um dies angemessen durchzuführen, strebt das Projekt eine Integration von drei bisher weitgehend getrennt verfolgten Forschungsperspektiven an: Archivgeschichte, Historiographiegeschichte und Wissens- bzw. Wissenschaftsgeschichte werden zusammengeführt, und zwar unter starker Heranziehung praxeologischer Forschungsansätze. Letztlich versteht sich das Projekt mit seinen beiden Fallstudien damit als ein Beitrag zu einer noch im Konstitutionsprozess befindlichen, methodisch neu aufgestellten Wissenschaftsgeschichte der Geisteswissenschaften.Hortleder und Sagittarius, die beide enormen Einfluss auf die Entwicklung der Historiographie im Alten Reich hatten, bieten sich hierfür aus verschiedenen Gründen besonders an: Zahl und Qualität ihrer Publikationen, ihr umfangreicher Nachlass, ihre produktive Verbindung verschiedenster forschungsrelevanter Sozialkontexte (Hof, Universität, Gelehrtenrepublik). Auf der Basis des reichhaltigen gedruckten und handschriftlichen Materials wird die Projektarbeit in der skizzierten methodischen Ausrichtung den beiden frühneuzeitlichen Historikern bei der Arbeit im Archiv und am Schreibtisch "über die Schulter blicken". Es werden die Möglichkeiten und Grenzen der Archivrecherche thematisiert, die kommunikative Einbindung der Archivarbeit in gelehrte Briefnetzwerke und die ständischen Sozialstrukturen bei Hof herausgearbeitet. Es wird ferner um die Reflexion der Historiker über ihre Archivarbeit gehen. Nicht zuletzt soll dargestellt werden, dass und wie historische und archivische Expertise bei Hof zum Einsatz kam. Nur durch eine solche Einbeziehung der Verfertigungspraktiken und Einsatzformen archivbasierten Vergangenheitswissens, so die grundlegende Arbeitshypothese, ist die Geschichte der Geschichtsschreibung angemessen zu beschreiben.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen