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Parallele Verarbeitung in elektrosensorischen Karten: Von der neuronalen Kodierung zum räumlichen Lernen.

Fachliche Zuordnung Kognitive, systemische und Verhaltensneurobiologie
Förderung Förderung von 2013 bis 2017
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 240302167
 
Erstellungsjahr 2018

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Im vorliegenden Projekt wurde das Netzwerk des elektrosensorischen Seitenlinienlobus (ELL) anatomisch und neurophysiologisch untersucht. Dieses Netzwerk beinhaltet zwei parallele Areale die teils getrennte sensorische Information der Elektrorezeptoren prozessieren. Das Vorliegen getrennter und wahrscheinlich durch Duplikation entstandener neuronaler Areale ist ein wiederkehrendes Phänomen und erlaubt eine Parallelisierung der Informationsverarbeitung. Der ELL schwachelektrischer Fische bietet sich auf Grund einer Vielzahl von Vorstudien an, um die Mechanismen paralleler Verarbeitung zu untersuchen. Konkret liegt eine Trennung von Amplituden und Phaseninformation vor, die bereits auf Ebene der Sensoren realisiert ist. Überraschend ist, dass die Trennung in diesen Arealen nicht vollständig ist, so dass es zentral zu einer weiteren Verrechnung der Informationen kommen muss, um Phase und Amplitude vollständig getrennt zu bewerten, eine Fähigkeit die die Fische haben. Unsere neuronalen Messungen zeigen, dass ein erster Schritt dieser Verrechnung bereits im ELL stattfindet, da es hier zu einem bis dahin unbekannten Kontrastverstärkungsmechanismus kommt, der geeignet erscheint eine in höheren Arealen postulierte Trennung von Phase und Amplitude zu ermöglichen. Unsere anatomischen Daten zeigen, dass in beiden Arealen hochgradig vergleichbare Netzwerke vorliegen. Auf Basis dieser anatomischen Daten haben wir ein bioinspiriertes neuronales Model etabliert, welches sich zur systematischen Analyse der Parallelverarbeitung anbietet. Dieses bestätigt die Hypothese, dass der gefundene Mechanismus in dem Information zwischen beiden Arealen ausgetauscht wird, eine Kontrastverstärkung ermöglicht. Die Hypothese dass es in der aufsteigenden sensorischen Bahn zur Integration der Information aus beiden Arealen kommt, konnten wir in diesem Projekt anatomisch unterstützen. Dabei zeigen wir erstmalig, dass es im Torus semicircularis zu einer ebenfalls somatotopen Repräsentation der sensorischen Information kommt. Dieses Areal scheint damit alle Voraussetzungen zu erfüllen, um den postulierten Mechanismus zur Trennung von Phase und Amplitude zu leisten. Weitere neurophysiologisch Studien haben gezeigt, dass dabei die Kodierung von Amplitudeninformation zwischen beiden Arealen vergleichbar ist. Hierbei wurden überraschend hohe Schwellen gemessen, die im Vergleich zu den bekannten Verhaltensleistungen hinsichtlich der Objektdetektion um fast eine Größenordnung schlechter sind. Zukünftige Studien sollten darauf zielen diese Messungen unter dynamischen Bedingungen zu verifizieren um zu untersuchen, ob die aktive Modulation der Abtastrate mit der das Tier seine Umgebung elektrisch erfasst über die stark ausgeprägten Rückkopplungsschleifen Einfluss auf diese Schwellen nehmen kann und so saliente Reize besser zu detektieren. In Verhaltensstudien haben wir gezeigt, dass diese abtastrate der Umwelt aktiv moduliert wird und im räumlichen Lernen eine Rolle spielt. Wie die Tiere hierbei auf Basis hochgradig lokaler Sinnesinformationen zu einer internen Repräsentation ihrer Umwelt gelangen, müssen zukünftige Studien zeigen. Unsere Arbeiten mit histochemischen Markern für neuronale Lernvorgänge liefern hierzu erste Anhaltspunkte um neuronale und anatomische Studien im Telencephalon dieser Tiere zu initiieren.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • “A quest for excitation: Theoretical arguments and immunohistochemical evidence of excitatory granular cells in the ELL of Gnathonemus petersii,” J. Physiol. Paris, vol. 110, no. 3, pp. 190–199, 2016
    V. Hollmann, J. Engelmann, and L. Gómez-Sena
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.jphysparis.2016.10.008)
  • “A somatotopic map of the active electrosensory sense in the midbrain of the mormyrid Gnathonemus petersii,” J. Comp. Neurol., vol. 524, 12, 2479-2491, 2016
    V. Hollmann, V. Hofmann, and J. Engelmann
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1002/cne.23963)
  • “Modeling latency code processing in the electric sense: from the biological template to its VLSI implementation,” Bioinspir. Biomim., vol. 11, no. 5, pp. 1–20, 2016
    J. Engelmann, T. Walther, K. Grant, E. Chicca, and L. Gómez-Sena
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1088/1748-3190/11/5/055007)
  • “Physiological evidence of sensory integration in the electrosensory lateral line lobe of Gnathonemus petersii,” PLoS One, vol. 13, no. 4, 2018
    S. Fechner, K. Grant, G. von der Emde, and J. Engelmann
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1371/journal.pone.0194347)
 
 

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