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Religiöse Individualisierung in historischer Perspektive

Fachliche Zuordnung Religionswissenschaft und Judaistik
Förderung Förderung von 2013 bis 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 240316021
 
Die Kolleg-Forschergruppe (KFG) hat in der ersten Förderperiode (Joas/Rüpke) Individuali-sierungsprozesse im Medium der Religion in ihrer historischen Dynamik und mit Blick auf deren Folgen für den Wandel von Religion untersucht und die leitende Hypothese der Ablehnung einer pauschalen systematischen Verknüpfung von religiöser Individualisierung mit Modernisierung bestätigt. Für die zweite Förderperiode (Mulsow/Rüpke) sollen davon aus-gehend vier Hypothesen im Zentrum stehen: (1) Da gezeigt werden konnte, dass religiöse Individualisierung sich nicht auf Phänomene der europäischen „Moderne“ beschränkt, eignet sie sich als eine heuristische Kategorie, um religionshistorische Prozesse in unterschiedlichsten Kulturen zu untersuchen. (2) Diese Individualisierungsprozesse sind weniger als isolierte Errungenschaften, denn als Rekombinationen von verfügbaren religiösen Erfahrungen, Traditionen und Diskursen zu verstehen. Daher muss eine individualisierungsgeschichtliche auch eine verflechtungsgeschichtliche Untersuchung sein, die auf Grenzüberschreitun-gen auf unterschiedlichen Ebenen rekurriert. (3) Insofern religiöse Individualisierungsprozesse eng mit Institutionalisierung und Traditionsbildung verbunden sind, sind diese Wechselwirkungen systematisch zu berücksichtigen. Individualisierung und De-Individualisierung greifen immer ineinander. Daher können in diesem Kontext auch Prozesse etwa von Kanonisierung, Traditionalisierung oder die Bildung von Fundamentalismen untersucht werden. (4) Theoriegeschichtlich hat der Individualisierungsbegriff als eurozentrische Ausgrenzungs-strategie gedient. Analog verabsolutierte häufig der Religionsbegriff das Kollektive. In Auseinandersetzung mit der Wissenschaftsgeschichte kann ein Religionsbegriff entwickelt wer-den, der es erlaubt, Religion individualisierungs- und verflechtungsgeschichtlich – unter Vermeidung eurozentrischer Kurzschlüsse – zu rekonstruieren.Diese Hypothesen sollen durch die Bearbeitung der folgenden Arbeitsfelder untersucht wer-den: (I) die interaktionsfokussierte Untersuchung religiöser Individualisierungsprozesse mit einem Blick auf (a) historische Akteure und (b) strukturelle Austausch- und Verflechtungsbeziehungen über kulturelle und vor allem religiöse „Grenzen“ hinweg; (II) langfristige Wirkungen von religiösen Individualisierungsprozessen angesichts „de-individualisierender“ Gegen-kräfte und Gegenstrategien, und (III) die Erarbeitung neuer Beschreibungs- und Analysebegriffe und Kategorien als Ergebnis einer Reflexion in religions- und theologiegeschichtlicher Perspektive.
DFG-Verfahren Kolleg-Forschungsgruppen
 
 

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