Detailseite
Projekt Druckansicht

Serielle Politisierung:Zur kulturellen Arbeit amerikanischer City Mysteries, 1844-1860

Fachliche Zuordnung Europäische und Amerikanische Literatur- und Kulturwissenschaften
Förderung Förderung in 2013
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 68338857
 
Im Gefolge europäischer Feuilletonromane (Eugène Sue, Les Mystères de Paris, 1842- 1843; George Reynolds, The Mysteries of London, 1844-1846) entsteht in den USA zwischen 1844 und 1860 ein neues populäres Genre: die City Mysteries (einflussreiche Autoren sind George Lippard, Ned Buntline, George Thompson und Osgood Bradbury). Über ihre thematischen Vorlieben und medialen Praktiken treten diese Serien als wirkmächtige Akteure einer emergenten amerikanischen Populärkultur in der Vorbürgerkriegszeit auf. Mit sensationalistischen und melodramatischen Erzähltechniken appellieren sie auf explizit nationaler Ebene für sozialreformatorische Anliegen und tragen damit zur politischen Selbstverständigung einer sich rapide modernisierenden und territorial expandierenden Gesellschaft bei. Das Themenrepertoire umfasst Urbanisierung als Faszinosum und Bedrohung, das Schicksal republikanischer und regional-demokratischer Ideale in einer sich nationalisierenden Öffentlichkeit, das Verhältnis von populistischer Agitation und parteipolitischer Korruption, die Ausbeutung der Arbeiterschicht durch übermächtige Kapitalisten usw. Getragen werden diese kritischen Modernitätsreflexionen der Antebellum Era von einer grundsätzlich modernen, nämlich seriellen, kommerziellen und transregional agierenden Medienpraxis, die als wichtiger Ausgangspunkt der populären Serienkultur der USA gelten darf. Das TP versteht das Genre der City Mysteries als aktiven Teil eines dynamischen Netzwerks kulturellen Handelns. Es untersucht (1) eine bedeutende Frühform populärer Serialität im Moment ihres ausdrücklichen Agierens für eine imaginierte nationale Gemeinschaft und geht (2) davon aus, dass die City Mysteries als seriell produzierte, publizierte und rezipierte populärkulturelle Artefakte die Konflikte ihrer Zeit nicht nur abbilden, sondern Politik (möglich) machen: Sie strukturieren das Feld nationaler und sektionaler Handlungsmöglichkeiten mit und nehmen darüber an der Genese und Reproduktion amerikanischer politischer Praxis in den Dekaden vor dem Bürgerkrieg teil. Das TP erforscht somit anhand eines aussagekräftigen, bislang kaum erforschten Textkorpus der amerikanischen Literatur die politisierende Dynamik populärer Serialität, d.h. den Zusammenhang zwischen serieller Gattungsgenese und modernen Praktiken des Politischen (orts- und gebietsübergreifender Parteiorganisation, Öffentlichkeitsarbeit, Agitation usw.). Innerhalb der FOR tritt das TP als synchrones Komplementärprojekt zu TP-HG2 auf (deutschsprachige Periodika 1850-1890); dies ermöglicht den transnationalen Vergleich von Formen, Verfahren und politischen Funktionen seriellen Erzählens im 19. Jh. Auf diachroner Ebene liefert es historische Grundlagen für TP-HG3 (Film Serials 1910-1940), insbesondere zur Bedeutung serieller Erzählstrukturen für die Selbstthematisierung einer amerikanischen "Massenkultur". Aufbauend auf TP4 interessiert es sich dafür, wie populäre Serien zur Differenzierung von Rollenidentitäten für eine diffuse (massenhafte) Leserschaft beitragen. Das TP schließt zudem an TP5 (zum Überbietungswettbewerb populärer Serien) an, indem es die populärkulturelle Konkurrenzsituation zwischen Texten und Genres auf das Feld politischer Positionen ausdehnt. Des Weiteren liefert es die Vorgeschichte für die in TP6 und TP7 untersuchte Form des Heftromans, die in den USA im Anschluss an die City Mysteries entsteht.
DFG-Verfahren Forschungsgruppen
 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung