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Retrospektive Serialisierung: Remaking als Verfahren cinematischer Selbsthistorisierung

Fachliche Zuordnung Europäische und Amerikanische Literatur- und Kulturwissenschaften
Förderung Förderung in 2013
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 68338857
 
"Remaking" ist eines der effizientesten Verfahren im Hollywood-Kino, eine bekannte Geschichte nochmals, aber neu zu erzählen. Während Medien mit kurz getakteten Produktions- und Rezeptionsrhythmen (Zeitung, Fernsehen, aber auch frühe Film Serials) die laufende Serialisierung narrativer Stoffe begünstigen, ist der amerikanische Spielfilm seit der Konsolidierung des Studiosystems auf langsamere, da aufwändigere Strategien variierender Wiederholung angewiesen. Als medienspezifisches Verfahren populärer Serialität erzeugt Remaking somit unterschiedliche cinematische Wiederholungs- und Fortsetzungsformate und organisiert diese in historisch variablen Kategorien der Filmindustrie (Remake im engeren Sinn als "Neuverfilmung", Sequel, Prequel, Trilogie, Franchise usw.). Verglichen mit periodisch publizierten Serien, die Populärkultur im engen Austausch mit engagierten Publika herstellen, agieren diese Formate auf einer abstrakteren Ebene imaginierter Vergemeinschaftung: Statt Alltagsrhythmen strukturieren sie generationelle und medienhistorische Abfolgen, statt konzentrierten Fankulturen unterstützen sie weit3 läufigere Expertisen (z.B. Cinephilen-Kultur), statt personalen Identifikationen stellen sie Kontinuitätsmarker bis hinauf zur Ebene nationaler Selbstinszenierung zur Verfügung. Ausgehend von diesen Überlegungen untersucht das TP eine serielle Operation, die sich beim filmischen Remaking aufgrund der zeitlichen Weitläufigkeit seiner Distinktionsschritte besonders gut beobachten lässt: die retrospektive Serialisierung zunächst unverbundener "Versionen" eines Narrativs. Anhand wirkmächtiger Fallbeispiele aus dem Zeitraum 1927 bis 2013 wird für die wichtigsten Aktionsfelder (Produktion, Rezeption, ästhetische Praxis) gefragt, (1) welche cinematischen Variationsformate durch Remaking erzeugt werden, (2) wie Remaking die Variationsmöglichkeiten einer Geschichte erweitert bzw. bereits Erzähltes integriert oder in seinem Handlungsspielraum limitiert und so (3) zu cinematischen Selbsthistorisierungen (d.h. Kinogeschichtsschreibung betrieben in und von Kinofilmen) beiträgt, die sich möglicherweise als serielle Narrative zweiter Ordnung beschreiben lassen. Im Gesamtkonzept der Forschergruppe vertieft das TP die begriffliche Erfassung der rekursiven Entwicklungsdynamiken populär-seriellen Erzählens und baut damit direkt auf den Arbeiten von TP4 (serielle Proliferation von Gattungen und Handlungsrollen) und TP5 (Überbietung als serielles Verfahren) im ersten Förderzeitraum auf. Darüber hinaus schließt das Vorhaben an die Ergebnisse von TP3 zum Zusammenhang von Serialität und Medialität an und führt diese systematisch für den amerikanischen Spielfilm aus. Damit wird ein zentrales, aber unter dem Gesichtspunkt seiner seriellen Formen und Verfahren bislang vernachlässigtes Phänomen populärer Kultur in den Fokus eines TP gerückt. Insgesamt dringt das Projekt an die Grenzen des Gegenstandsfeldes der Forschergruppe vor, in Bereiche populärer Kultur, in denen serielle Praktiken konstant strapaziert und durch sich wandelnde mediale, narrative und kulturelle Ansprüche und Bedingungen (z.B. Aufkommen populärkultureller Werkdiskurse, medienökologische Neuverhandlung des Verhältnisses episodischen und fortsetzungsgerichteten Erzählens, cinematische Legitimationspraxen usw.) herausgefordert werden.
DFG-Verfahren Forschungsgruppen
 
 

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