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Untersuchungen zur Entstehung von Fangentladungen an Blitzfangstangen als Rückwirkung eines realen negativen Leitblitzes unter besonderer Berücksichtigung von Vorentladungen

Fachliche Zuordnung Elektrische Energiesysteme, Power Management, Leistungselektronik, elektrische Maschinen und Antriebe
Förderung Förderung von 2013 bis 2017
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 240389901
 
Erstellungsjahr 2019

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Im Rahmen dieses Projektes wurde ein Lösungsweg erarbeitet und eingeschlagen, mit dem zukünftig die Einfangwirksamkeit von Blitzfangeinrichtungen untersucht und bewertet werden kann. Neben mehreren Messeinrichtungen, die auf eine erfolgreiche Betriebszeit von insgesamt 15 Jahren verweisen können, konnte im Rahmen dieses Projektes ein neuartiger Algorithmus zur Berechnung der Standortqualität auf Basis von CAD-Daten entwickelt werden. Auslöser für dieses Thema sind neuartige unkonventionelle Blitzschutzkonzepte, die den Anspruch erheben, einen besseren Blitzschutz bereitzustellen, als dies gewöhnliche Blitzfangstangen tun. Ihren Anspruch begründen die Hersteller dieser neuartigen Systeme mit der derzeit unbewiesenen Behauptung, dass die Fangeinrichtungen eine höhere Einfangwirksamkeit besitzen als gewöhnliche Fangstangen. Die Schwierigkeit des experimentellen Nachweises besteht darin, dass zur Klärung dieser Behauptung ausschließlich Fangentladungen unter natürlichen Bedingungen untersucht werden müssten, wohingegen ein Nachweis im Labor nach wie vor als nicht möglich erscheint. In den letzten Jahren wurden viele indirekte Wege beschritten, um dieses Dilemma zu lösen. Dabei haben Simulationen der Fangentladungsentstehung im Labor, auf dem Computer oder sogar bei künstlich ausgelösten Blitzen unterschiedliche Ergebnisse hervorgebracht. Eine Einigung oder Lösung bei der Frage nach der Wirksamkeit unkonventioneller Blitzschutzsysteme wurde jedoch nicht herbeigeführt. Immer gab es Beanstandungen hinsichtlich der Vorgehensweise und der Interpretation der Erkenntnisse. Dabei hat sich die wissenschaftliche Fachwelt zu großen Teilen gegen den Einsatz dieser Technologie ausgesprochen, weswegen diese neuen Technologien, mit einigen wenigen nationalen Ausnahmen, bis heute nicht genormt wurden. Das jedoch hat die immer weitere Verbreitung bisher nur wenig behindert. Experten werden nach wie vor gezwungen, sich mit diesem Thema zu beschäftigen. Es ist beispielsweise noch nicht geklärt, ab wann es an einer Fangstange zu ersten Vorentladungen kommt, und wodurch diese beeinflusst werden, denn es ist auch denkbar, dass die Photonenstrahlung aus dem herannahenden Leitblitzkopf einen ganz natürlichen Einfluss auf die frühe Bildung einer Fangentladung hat. Die Hersteller der neuartigen Fangstangen wären eigentlich in der Pflicht, auf wissenschaftliche und reproduzierbare Art und Weise nachzuweisen, dass ihre Technologie besser als oder wenigstens gleich gut ist wie der konventionelle Blitzschutz, tun dies jedoch nicht. Das durchgeführte Projekt zeigt, dass es mittlerweile möglich ist, sehr kostengünstige und dabei leistungsfähige Messeinrichtungen zu fertigen, um das nötige Wissen über die Wirkungszusammenhänge zur Entstehung erfolgreicher Fangentladungen bereitzustellen. Das hier untersuchte Konzept sieht eine Messeinrichtung vor, die genau auf diese Aufgabe hin optimiert ist. Sie ist in der Lage, den Hauptblitz und die Entstehung der Fangentladung zu messen. Dabei arbeitet die Messeinrichtung vollkommen autark und widersteht auch extremen Witterungsbedingungen. Im Labor hat sie bewiesen, dass sie mit sehr komplexen Feldverhältnissen und elektromagnetischen Beeinflussungen zurechtkommt und die in sie gesetzte Erwartung ohne weiteres erfüllen kann. Für die Untersuchung wurden bereits Fangstangen in Deutschland mit einem solchen Messsystem ausgerüstet. Das Ziel waren 60 Messsysteme, um jährlich etwa 5 Blitzereignisse zu beobachten, denn die Erdblitzdichte in Deutschland ist vergleichsweise gering. Die Daten sollten dann mit modernsten Analyseverfahren, die aus der Teilentladungsmesstechnik bekannt sind (PRPD, 3CFRD, PSA), untersucht werden. Um aussichtsreiche Standorte auszurüsten, wurde eine noch neue Simulationsmethodik, das DEGM, aufgegriffen und erweitert. Die Erweiterung arbeitet mit einem vollkommen neuen Algorithmus, der so vorher noch nicht existierte. Der Algorithmus ist in der Lage, CAD-Modelle hochkomplexer Anlagen zu untersuchen, und das bei einer hohen Genauigkeit und bei überschaubarem Rechenaufwand. Aus diesem Grund wird die erweiterte Methodik als „eDEGM“ bezeichnet. Die Ergebnisse dieser Simulation sind durch analytische Vergleichsberechnungen verifiziert. Mit ihr können nicht nur die Einfangwahrscheinlichkeiten auf Grundlage der anerkannten Regeln der Technik an Fangstangen präzise berechnet werden, sondern auch die gewichteten Fangflächen, jeder individuelle maximale Blitzkugelradius und jeder individuelle maximale Blitzstromscheitel von allen Objekten einer untersuchten Struktur und ihren Einzelelementen. Hieraus lassen sich dreidimensionale Darstellungen der Gebäude und ihrer Fangflächen, Fangvolumen, Histogramme über maximale Blitzstromscheitel und kumulierte Verteilungen anfertigen. In der Vergangenheit wurde bereits vermutet, dass die unkonventionellen Fangeinrichtungen ihren wesentlichen Gewinn aus ihren exponierten Standorten ziehen. Das Projekt nutzt das eDEGM zur Beschreibung der Standortqualität einer Fangstange. Es lässt sich damit erstmalig die Einfangfläche von hochkomplexen Gebäuden und Gebäudeteilen bestimmen. Wichtige Einflussparameter des Aufstellortes wurden untersucht und zeigen große Abhängigkeiten vom Aufstellort. Hierbei muss jedoch danach unterschieden werden, ob die Fangstange dem Schutz des Gebäudes dienen oder lediglich die Einfangwirksamkeit verbessert werden soll. Es hat sich gezeigt, dass Fangstangen auf hohen Gebäuden erst dann besonders wirksam werden, in dem Sinne, dass sie viele Blitze einfangen, wenn sie die Höhe des Gebäudes ausnutzen können, also am Rand oder an Ecken positioniert werden, denn hierdurch gewinnt sie virtuell an Höhe.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • „Entwicklung einer Messeinrichtung zur Erfassung von kleinsten Vorentladungen an einer Blitzfangstange unter Einfluss eines negativen Leitblitzes.“ In: VDE/ABB-BST 2013, 24.-25. Oktober 2013, Ulm, Deutschland
    Hannig, M. ; Hinrichsen, V. ; Brocke, R.
  • „An analytical consideration on the striking probability and the total amount of strikes to simple structures according to standardized regulations.” In: ICLP 2014, 13.-17. Oktober 2014, Shanghai, China
    Hannig, M. ; Hinrichsen, V. ; Hannig, R. ; Brocke, R.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1109/ICLP.2014.6973339)
  • „Progress on the development of a measuring instrumentation for detection of pre-discharges on a lightning rod under the influence of a negative downward leader.” In: ICLP 2014, 13.-17. Oktober 2014, Shanghai, China
    Hannig, M. ; Hinrichsen, V. ; Brocke, R.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1109/ICLP.2014.6973288)
  • „Graphische Analyse der Einfangwahrscheinlichkeit von Fangeinrichtungen mit Hilfe des DEGM.“ In: VDE/ABB-BST 2015, 22. bis 23. Oktober 2015, Ulm, Deutschland
    Brocke, R. ; Hannig, M. ; Herrmann, L. ; Raab, V.
  • Entwicklung und Installation von Messeinrichtungen zur Untersuchung der Einfangwirksamkeit realer Blitzfangeinrichtungen. Dissertation, 2017
    Hannig, M.
  • “Determination of the probability function of lightning peak currents on flat ground.” In: XIV SIPDA, 02. - 06.10.2017, Natal, Brasilien
    Hannig, M. ; Hinrichsen, V. ; Brocke, R.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1109/SIPDA.2017.8116918)
 
 

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