Detailseite
Projekt Druckansicht

Klebezungen bei Amphibien: funktionelle Morphologie, Biomechanik und Evolution eines natürlichen Hochleistungshaftsystems

Antragsteller Dr. Thomas Kleinteich
Fachliche Zuordnung Systematik und Morphologie der Tiere
Förderung Förderung von 2013 bis 2016
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 241240155
 
Zahlreiche Spezialisierungen ermöglichten es den Landwirbeltieren (Tetrapoda) den terrestrischen Lebensraum zu erobern. Besonders die Nahrungsaufnahme an Land erforderte neue Beutefangmethoden; es bildete sich die Zunge zur Aufnahme und zum Transport von Nahrung. Amphibien (Frösche, Salamander und Blindwühlen) haben mehrfach unabhängig voneinander adhäsive Zungen evolviert, die beim Beutefang an der Beute haften und diese somit in den Rachenraum befördern können. Der Aktionsradius von adhäsiven Zungen bei Amphibien reicht vom einfachen aus dem Mund Herausschieben bis hin zum ballistischen Schleudern der Zunge auf entfernte Ziele. Zur erfolgreichen Nahrungsaufnahme muss die Haftverbindung zwischen Zunge und Beute innerhalb weniger Millisekunden hergestellt werden und fest genug sein, um die Beute vom Substrat zu lösen. Der Haftmechanismus von Amphibienzungen ist jedoch weitgehend ungeklärt. Sehr wahrscheinlich ist eine Kombination aus Zungenform, Oberflächenbeschaffenheit und adhäsivem Mucus grundlegend. In diesem Projekt werden die strukturellen Voraussetzungen und Oberflächeneigenschaften, die der Adhäsion von Amphibienzungen auf Beutetieren zugrunde liegen, untersucht. Moderne bildgebende Verfahren wie mikro Computer Tomographie (µCT) und Atomkraftmikroskopie (AFM) werden mit Licht- und Elektronenmikroskopie (REM und TEM) kombiniert, um die Zungenstruktur auf allen Ebenen, vom Nanometer- zum Millimeterbereich, aufzuklären. Die Kenntnisse zur Anatomie und der Oberflächenbeschaffenheit von Amphibienzungen werden dann durch hochauflösende dreidimensionale Computermodelle erweitert. Zur Beschreibung der physikalischen Oberflächen- und Materialeigenschaften von Amphibienzungen werden Methoden aus der Materialwissenschaft (Indentation) genutzt. Dadurch entsteht ein umfangreiches Bild von Anatomie, Struktur und physikalischen Eigenschaften von Amphibienzungen. Die Charakterisierung von Zungeneigenschaften wird mit einem experimentellen Ansatz kombiniert. Hierfür soll die Haftfähigkeit von Zungen auf verschiedenen Oberflächen quantifiziert werden. Es werden Hochgeschwindigkeitsaufnahmen des Beutefangs ausgewertet und in vivo Adhäsionskräfte, die auf die Beute einwirken, gemessen. Durch die Vernetzung von Anatomie, physisch-chemischen Oberflächeneigenschaften und der Quantifizierung der Leistungsfähigkeit von Amphibienzungen wird diese Studie einen umfassenden Beitrag zum Verständnis der Zunge-Beute-Interaktion bei Amphibien leisten und damit zum Verständnis eines natürlichen Hochleistungshaftsystems beitragen.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
Internationaler Bezug Portugal, Südkorea, USA
 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung