Fortsetzungsantrag: Einflussfaktoren und Konsequenzen der Gewinnglättung auf Unternehmens- und makroökonomischer Ebene
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Die durchgeführten Studien sind u.E. die ersten (und wohl bisher auch die einzigen), die untersuchen, ob Personengesellschaften/Einzelkaufleute ein systematisch anderes Bilanzierungsverhalten als Kapitalgesellschaften aufweisen, insbesondere wegen der Unterschiede in der Haftungssituation. Wir finden heraus, dass Kapitalgesellschaften signifikant mehr Gewinnglättung betreiben und signifikant konservativer bilanzieren und finden hierzu Evidenz in 12 europäischen Ländern. Insofern deuten unsere Ergebnisse darauf hin, dass Gläubigerschutz sowohl über eine unbeschränkte Gesellschafterhaftung als auch über die Rechnungslegung erfolgen kann. Für das Handels- und Gesellschaftsrecht bedeutet dies, dass Personengesellschaften/Einzelkaufleute weniger strengen gesetzlichen Rechnungslegungspflichten unterliegen sollten als Kapitalgesellschaften. Dies ist konsistent mit dem deutschen Rechtsrahmen. Zudem zeigt unsere Forschung, dass die Steuermaßgeblichkeit der Handelsbilanz, die Schärfe des Insolvenzrechts und die Mindestkapitalvorschriften einen marginalen Einfluss ausüben. Insbesondere unsere Befunde zu Mindestkapitalvorschriften sind neuartig, deren Bedeutung für das Bilanzierungsverhalten wurde m.E. bisher noch gar nicht untersucht. Gleichwohl darf man die Ergebnisse nicht überinterpretieren, da wir nur 12 Länder betrachten (aber auch nicht mehr Länder mit Bilanzdaten von Personengesellschaften oder Einzelkaufleuten gefunden haben). Insgesamt zeigt sich ein Zusammenhang zwischen Haftungsstatus und Bilanzierungsverhalten, der in Wechselwirkung mit steuer-, insolvenz- und gesellschaftsrechtlichen Regelungen steht. Die Forschung hierzu steht gerade erst am Anfang, da nichtbörsennotierte Unternehmen von der Accounting Community zumeist ignoriert werden – auch wegen der schlechten Datenlage. Dabei erscheint Forschung gerade im Bereich nicht börsennotierter Unternehmen dringend notwendig, zumal diese mehr als 99% aller Unternehmen repräsentieren. Unsere Befunde erlauben es auch, rechtspolitische Empfehlungen abzuleiten. So wäre eine flächendeckende, rechtsformunabhängige Einführung informativer und umfassender Bilanzierungsregeln für KMUs – etwa die „International Financial Reporting Standards for Small and Medium-Sized Entities“ (IASB 2009) oder das “Financial Reporting Framework for Small and Medium-Sized Entities” in den USA (AICPA 2017) – nicht anzuraten, da die unbeschränkte Haftung von Gesellschaftern einen geringeren Bedarf an Rechnungslegungsinformationen impliziert. Informative und umfassende Bilanzierungsregeln würden dann kaum einen Nutzen erbringen, aber Personengesellschaften und Einzelkaufleuten unnötige Kosten aufbürden. Zudem legen unsere Ergebnisse nahe, dass man auch gläubigerschützende Effekte über das Insolvenz- und Gesellschaftsrecht berücksichtigen sollte.