Modellbasierte Erhöhung der Flexibilität und Robustheit einer aerodynamischen Zuführanlage für die Hochleistungsmontage
Automatisierungstechnik, Mechatronik, Regelungssysteme, Intelligente Technische Systeme, Robotik
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Um bestehenden Defiziten konventioneller Zuführtechnik hinsichtlich Zuführleistung, Zuverlässigkeit und Variantenflexibilität entgegenzuwirken, wurde am Institut für Fabrikanalagen und Logistik (IFA) eine aerodynamische Zuführanlage entwickelt. Diese zeichnet sich durch eine hohe Zuführleistung, Flexibilität sowie technische Verfügbarkeit aus. Die Anpassung dieser Zuführanlage an unterschiedliche Werkstücke erfolgt dabei über die Konfiguration von nur vier Anlagenparametern. Die Identifikation bestmöglicher Werte für diese Parameter war jedoch sehr zeitintensiv. In vorangegangenen Forschungstätigkeiten wurde deshalb ein genetischer Algorithmus (GA) entwickelt, der die Zuführanlage dazu befähigt, eigenständig bestmögliche Werte für diese Parameter zu identifizieren und diese über entsprechende Hardware automatisch einzustellen. Dadurch konnte die Dauer zur Einstellung der Zuführanlage deutlich reduziert werden. Letztere Arbeiten erfolgten bereits in Kooperation mit dem Institut für Montagetechnik (match). Das Ziel dieses gemeinsamen Forschungsprojektes war es, die Flexibilität und Robustheit der aerodynamischen Zuführanlage weiter zu steigern. Dazu wurde im ersten Arbeitspaket die Anlage um einen fünften Anlagenparameter erweitert und dieser in den GA implementiert. Anschließende experimentelle Untersuchungen zeigten, dass dadurch sowohl das Spektrum zuzuführender Bauteile sowie die Robustheit des Orientierungsprozesses erhöht als auch die Einstellzeit des GA deutlich reduziert werden konnte. Im zweiten Arbeitspaket wurden Grenzwerte für die geometrischen Eigenschaften der zuführbaren Werkstücke identifiziert und in eine einfache Arbeitshilfe zur Abschätzung der Eignung aerodynamischer Zuführverfahren in Unternehmen abgeleitet. Weiterhin wurde in Vorbereitung auf das dritte Arbeitspaket durch konstruktive Anpassungen und experimentelle Untersuchungen die Konformität zwischen dem realen und simulierten Werkstückverhalten erhöht. Im dritten Arbeitspaket wurde das bestehende Simulationsmodell weiterentwickelt, so dass eine automatisierte Eingrenzung des Lösungsraumes des GA allein auf Basis an das Modell übergebener Werkstückdaten ermöglicht wird. Experimentelle Untersuchungen zeigten, dass mithilfe dieser Eingrenzung die benötigte Einstellzeit der Zuführanlage um mindestens 50 % und bis zu 95 % reduziert werden kann. Der GA benötigt im Durchschnitt deutlich unter zehn Individuen (entspricht 4 Generationen), um die Anlage einzustellen. Gleichzeitig entfällt der zuvor beim Umrüsten notwendige Personalaufwand für die manuelle Bestimmung der Grenzwerte des Düsendruckes. Im vierten Arbeitspaket wurden Wechselwirkungen zwischen der Werkstückgestalt und den Einstellparametern des GA untersucht. Dabei konnten zwar keine eindeutigen Wechselwirkungen identifiziert werden, allerdings wurden werkstückunabhängige Optima für die Populationsgröße und das Selektionsverfahren bestimmt. Abschließend wurde im fünften Arbeitspaket eine ebenfalls bereits bestehende Methode zur Anpassung der Zuführanlage an variierende Umgebungsbedingungen durch ein mathematisches Entscheidungsmodell erweitert. Dies ermöglicht es der Anlage auf Basis aktueller Prozessgrößen, eine Entscheidung über den optimalen Zeitpunkt zur Auslösung eines Korrekturalgorithmus zu treffen. Simulative Untersuchungen zeigten, dass dadurch die Zeit zum Zuführen einer Charge um bis zu 7 % und die Anzahl der Korrekturauslösungen um bis zu 50 % reduziert werden konnte. Die im Rahmen des beantragten Arbeitsprogrammes durchgeführten Arbeiten führten zu einer deutlichen Steigerung der Flexibilität und Robustheit der aerodynamischen Zuführanlage. Insbesondere konnte durch die Anwendung simulationsbasierter Methoden die Einstellzeit der Anlage mithilfe eines genetischen Algorithmus deutlich reduziert werden. Das Prinzip der aerodynamischen Zuführung kann somit als leistungsfähige und gleichzeitig flexible und somit nachhaltige Alternative zu konventionellen Zuführverfahren gesehen werden.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- „Correlation between Geometric Component Properties and Physical Parameters of an Aerodynamic Feeding System“, Annals of Scientific Society for Assembly, Handling and Industrial Robotics, 2020
T. Kolditz, M. Wolf und A. Raatz
(Siehe online unter https://doi.org/10.1007/978-3-662-61755-7_30) - Batch Time Optimization for an Aerodynamic Feeding System under changing ambient conditions“, Procedia CIRP, Volume 97, pp. 278-283, 2021
T. Kolditz, N. Rochow, P. Nyhuis und A. Raatz
(Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.procir.2020.05.238) - “Extended Simulation Model for an Aerodynamic Feeding System”, 2nd Conference on Production Systems and Logistics, 2021
T. Kolditz, J. Hentschel, F. Katz, A. Raatz
(Siehe online unter https://doi.org/10.15488/11252) - “Flexible Aerodynamic Part Feeding using High-Speed Image Processing”, WGP Jahreskongress 2021, Dresden
T. Kolditz, P. Müller, D. Bansmann, A. Raatz
(Siehe online unter https://doi.org/10.1007/978-3-030-78424-9_45) - „Investigation on the Convergence of the Genetic Algorithm of an Aerodynamic Feeding System due to the Enlargement of the Solution Space“, Proceedings of the 9th International Precision Assembly Seminar (IPAS), 2021
T. Kolditz, C.-V. Ince und A. Raatz
(Siehe online unter https://doi.org/10.1007/978-3-030-72632-4_5)