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Der Einfluss von Leerverkaufsbeschränkungen auf den Zusammenhang zwischen irrationalem Individualverhalten und Marktpreisen

Fachliche Zuordnung Accounting und Finance
Förderung Förderung von 2013 bis 2015
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 244313114
 
Erstellungsjahr 2016

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Dieses Projekt trägt zur Beantwortung der übergeordneten Frage bei, wie Leerverkaufsbeschränkungen sich auf Marktpreise auswirken. In drei Papieren werden Implikationen für den US-Aktienmarkt, Unterschiede in internationalen Aktienmarktrenditen und die Preisbildung in experimentellen Märkten analysiert. Eine gemeinsame theoretische Grundlage aller drei Papiere ist die Idee, dass unter Leerverkaufsbeschränkungen die Meinungen derjenigen Händler, die dem Wertpapier einen geringen Wert zuordnen, nicht mehr vollständig im Marktpreis reflektiert sind. Der Marktpreis des entsprechenden Wertpapiers liegt somit tendenziell über dem fairen Wert, der sich ergeben würde, wenn die Informationen aller Marktteilnehmer im Preisbildungsprozess berücksichtigt werden würden. Zunächst wird eine Erweiterung des genannten Wirkungsmechanismus in einem Modell analysiert, das sowohl den Aktienmarkt als auch den Markt für Wertpapierleihe abbildet. Das Modell sagt eine Überbewertung für Aktien mit geringem institutionellen Leihangebot, hohen Renditen und einem starken Anstieg von Leerverkaufsaktivität in den letzten Monaten voraus. Hierauf aufbauend wird eine hypothetische Anlagestrategie abgeleitet und mit Vergangenheitsdaten getestet. Das sich ergebende Portfolio führte in den USA im Testzeitraum von 1989-2014 zu einer Monatsüberrendite von -1,66%, während ein Portfolio aus allen Gewinneraktien ein Plus von etwas weniger als einem Prozent erzielt hat. Eine „Betting-Against-Winners“-Stratgie (BAW), die alle überbewerteten Aktien leerverkauft und allen anderen Winner kauft, erzielte eine monatliche Überrendite von 2,57%. Keine der gängigen Risikofaktoren kann diese sehr hohe Rendite erklären. Die grundlegende Frage ist, ob Aktienmarktanomalien in leerverkaufsbeschränkten Aktienmärkten stärker ausgeprägt sind. Hierzu wurde ein umfangreicher Datensatz erstellt, der festhält, wann in welchen Ländern Leerverkaufsbeschränkungen bestanden haben. Als Anomalie wurde Momentum ausgewählt, die vielleicht bekannteste Anomalie in der modernen Literatur. Ein Vorteil dieser Anlagestrategie ist, dass nur Kursdaten für die Konstruktion erforderlich sind und sie somit in praktisch allen Aktienmärkten sinnvoll implementiert werden kann. Wenn Momentum teilweise durch temporäre Überbewertungen hervorgerufen wird, sollten Momentumrenditen in leerverkaufsbeschränkten Märkten stärker ausgeprägt sein. Die empirische Evidenz ist konsistent mit dieser Hypothese. Dies gilt auch bei adäquater Risikoadjustierung und einer Konzentration auf Länder mit geänderter Regulierung über die Zeit. Schließlich nähern wir uns der zentralen Frage des Projekts – wie beeinflussen Leerverkaufsbeschränkungen Marktpreise – mit einer vollständig anderen Methode: dem wirtschaftswissenschaftlichen Experiment. Basierend auf einer Studie von Gneezy et al. (2003), die Fehlbewertungen in bestimmten experimentellen Märkten dokumentiert, wird gefragt, ob diese Fehlbewertungen bei nicht leerverkaufsbeschränkten Märkten verschwinden. Die Idee ist recht simpel. In den Märkten von Gneezy et al. gab es immer Händler, für die die Leerverkaufsbeschränkung sehr schnell bindend war. Wenn diese Beschränkung entfällt, könnten die Aktionen dieser Händler die Fehlbewertungen eliminieren. Die Ergebnisse im Experiment sind nicht konsistent mit dieser Hypothese. Es scheint stattdessen der Fall zu sein, dass unter gewissen Umständen extreme Leerverkaufspositionen zu niedrigen Preisen aufgebaut werden. Die Ergebnisse suggerieren somit, dass Leerverkäufer durch ihr Verhalten nicht unbedingt dazu beitragen müssen, Marktpreise und Fundamentalwerte anzugleichen.

 
 

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