Detailseite
Entwicklung und Validierung eines dreidimensionalen elektro-chemo-mechanischen Modells der Harnblase
Antragsteller
Professor Dr. Reinhard Blickhan; Professor Dr.-Ing. Markus Böl; Professor Dr. Tobias Siebert
Fachliche Zuordnung
Mechanik
Angewandte Mechanik, Statik und Dynamik
Angewandte Mechanik, Statik und Dynamik
Förderung
Förderung von 2014 bis 2022
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 244579774
Die Harnblase ist ein zentrales Organ der Wirbeltiere und stellt durch Ihre extremen Verformungen (Volumenänderung um mehrere 100%) besondere Anforderungen an das Blasengewebe und insbesondere an die aktive glatte Muskulatur. Obwohl eine Vielzahl von Dysfunktionen und damit verbundene Gewebeveränderungen bekannt sind, sind mechanische Untersuchungen im Vergleich zu anderen Organen rar. So ist das Hauptziel dieses Projektes die Erstellung und Validierung eines elektro-chemo-mechanischen Modells der Harnblase auf Grundlage experimenteller Untersuchungen an der Schweineblase. Für die Erstellung und Validierung des Blasenmodells sind vier Schritte vorgesehen, die eine enge Verflechtung zwischen Experiment und Modellierung aufweisen. Dabei werden die Experimente an Hausschweinen durchgeführt, da Aufbau und Kontraktionsverhalten der Harnblase bei Mensch und Schwein sehr ähnlich sind. Eine wesentliche Voraussetzung für die Modellentwicklung ist die Methodenentwicklung (I) für die Erfassung der 3D Verformung sowie die Messung der Erregungsausbreitung auf der Blasenoberfläche. Basierend auf der von den Antragstellern entwickelten optischen Methode zur 3D Verformungsmessung von Skelettmuskeln soll ein Verfahren zur Bestimmung der Blasengeometrie unter Wasser entwickelt werden. Weiterhin werden Oberflächenelektroden zur Messung der Ausbreitung des Aktionspotentials auf der Blasenoberfläche entwickelt. In einem ersten experimentellen Schritt werden gezielte Untersuchungen an Gewebestreifen (II) durchgeführt. Um regionale Unterschiede im Blasenaufbau zu erfassen, werden die Präparate an definierten Positionen aus der Blasenwand entnommen, um so die schichtspezifische Architektur sowie die aktiven und passiven Materialeigenschaften zu bestimmen. Diese Daten werden in einem Zwischenschritt für die Entwicklung und die damit verbundene Parameteridentifikation des elektro-chemo-mechanischen Modells verwendet. Durch aktive und passive Untersuchungen an der Gesamtblase (III) sollen Blasenkapazität, Druck-Volumen-Abhängigkeiten, 3D Verformung sowie die Ausbreitung des Aktionspotentials auf der Blasenoberfläche bestimmt werden. In einem finalen Arbeitsschritt sollen die zusätzlichen Eingangsdaten aus den Experimenten an der Gesamtblase in die Modellentwicklung und Validierung (IV) eingehen.Das entwickelte Blasenmodell stellt eine Ersatz- und Ergänzungsmethode zu Tierversuchen und, basierend auf der Ähnlichkeit der Human- und Schweineblase, zu Humanstudien dar. Es kann somit in der Zukunft zur Reduktion von Versuchen sowie zu einem besseren Verständnis der Blasenfunktion beitragen. Perspektivisch (Fortsetzungsphase) soll das Blasenmodell für Vorhersagen verschiedener funktioneller Auswirkungen von Gewebeveränderungen (z.B. Vernarbungen der Muskelschicht bei interstitieller Zystitis) verwendet werden. Dazu sollen morphologische und mechanische Veränderungen des erkrankten Gewebes experimentell erfasst und in das Modell überführt werden.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen