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Supply Chain Koordination bei asymmetrischer Informationsverteilung

Fachliche Zuordnung Accounting und Finance
Förderung Förderung von 2014 bis 2017
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 244988212
 
Erstellungsjahr 2018

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Vor dem Hintergrund von Zielkonflikten selbstständiger Supply Chain Akteure, sind Informationsasymmetrien eine zentrale Herausforderung im Supply Chain Management, da diese häufig zu Effizienzverlusten führen. In der Literatur werden nicht-lineare Anreizschemata, sogenannte Vertragsmenüs, diskutiert, die die Interessen der Supply Chain Akteure teilweise angleichen und eine second-best Allokation herbeiführen. Die Ableitung dieser Vertragsmenüs erfolgt dabei vorwiegend unter den klassischen Annahmen der vollkommenen Rationalität und dem Ziel der strikten Gewinnmaximierung. Erste verhaltensorientierte Laborexperimente im Bereich des „Behavioral Operations Management“ haben gezeigt, dass diese klassischen Annahmen kritisch anzusehen sind und dass die Vertragsmenüs in Laborexperimenten weit hinter der second-best Allokation zurückfallen. In dem vorliegenden Projekt erweitern wir diese Forschung in mehrere Dimensionen, insbesondere hinsichtlich der Entwicklung verhaltensrobuster Verträge, den Einfluss des Kommunikationsmediums auf die Kooperationsbereitschaft und den Einfluss der Fristigkeit von Verträgen auf die Supply Chain Effizienz. Insgesamt sind drei Studien entstanden. Die zentrale Forschungsfrage in allen Studien ist, wie Ineffizienzen, die durch private Informationen im Supply Chain Management entstehen, reduziert werden können. Unsere Studien zeigen, dass die Standard Theorie die Ressourcenverschwendung und Ineffizienz der Vertragsmenüs unterschätzt, da das Einkaufsverhalten der Agenten vom rationalen und gewinnmaximierenden Verhalten abweicht. Wir konnten als Haupttreiber dieses Verhaltens Fairness Präferenzen und eingeschränkte Rationalität identifizieren. Darauf aufbauend, wurden verhaltensrobuste Verträge entwickelt, die sowohl eingeschränkte Rationalität als auch Fairness Präferenzen des Agenten berücksichtigen. Unsere experimentelle Studie zeigt, dass diese Verträge die ineffizienten Einkaufsentscheidungen weitestgehend eliminieren können, sodass die second-best Allokation nahezu erzielt wird. Wir empfehlen Entscheidungsträgern in der Praxis, die „klassischen“, auf der Standard Theorie beruhenden, Vertragsmenüs nicht ohne weiteres zu übernehmen, sondern stattdessen auf verhaltensrobuste Verträge zurückzugreifen. Kommunikation kann – anders als von der Standard Theorie vorhergesagt – zum Abbau der Informationsasymmetrien genutzt werden. Unsere Studie belegt, dass der Austausch von planungsrelevanten Daten durch Absprachen, die vor dem eigentlichen Informationsaustausch stattfinden, substanziell und signifikant verbessert werden kann. Dabei spielt die Wahl des Kommunikationsmediums eine große Rolle. So bewirkt die mündliche, akustische Kommunikation (bspw. Telefon) eine deutlich stärkere Kooperationsbereitschaft als die schriftliche Kommunikation (bspw. E-Mail). Ferner zeigt sich, dass zusätzliches Training die Kooperationsbereitschaft steigert, da win/win-Situationen besser erkannt werden. Die Fristigkeit von Verträgen hat, entgegen der spieltheoretischen Prognose, keinen wesentlichen Einfluss auf die Supply Chain Effizienz bei asymmetrischer Informationsverteilung. Obwohl durch Nachverhandlungen bei kurzfristigen Verträgen Ineffizienz beseitigt werden kann, zeigt unsere Studie, dass Effizienzsteigerungen aufgrund vermehrter Verhandlungsabbrüche (Ablehnung eines Angebotes) und der strategischen Anreize des Agenten, ineffiziente Typen zu imitieren (Ratchet Effekt), nicht zu erwarten sind. Ferner beobachten wir, dass die vertragsanbietende Partei von langfristigen Verträgen gegenüber kurzfristigen Verträgen profitiert. Ist es nicht möglich, auf langfristige Verträge zurückzugreifen, muss bei der Gestaltung von kurzfristigen Verträgen berücksichtigt werden, dass die vertragsannehmende Partei nicht nur ihren gegenwärtigen Gewinn sondern auch die strategischen langfristigen Konsequenzen, die durch Bekanntgabe von privaten Informationen entstehen, in ihre Entscheidung mit einbezieht.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2019) Behavioral Contract Design under Asymmetric Forecast Information. Decision Sciences (VHB B), 50 (4) 786-815
    Johnsen, Lennart C.; Voigt, Guido; Corbett, Charles J.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.25592/uhhfdm.8900)
  • (2020) The Effect of Communication Media on Information Sharing in Supply Chains. Prod Oper Manag (Production and Operations Management) 29 (3) 705–724
    Johnsen, Lennart C.; Voigt, Guido; Weimann, Joachim
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1111/poms.13134)
  • (2021): Short‐term vs. Long‐term Contracting: Empirical Assessment of the Ratchet Effect in Supply Chain Interaction. In: Prod Oper Manag 30 (7), S. 2252–2272
    Johnsen, L. C., G. Voigt, A. Sadrieh
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1111/poms.13364)
 
 

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