Einfluss des Werkstoff- bzw. Randzustands von Vergütungsstählen auf deren Anfälligkeit gegenüber wasserstoffinduzierter Spannungsrisskorrosion
Beschichtungs- und Oberflächentechnik
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Zur Bewertung hochfester Schrauben hinsichtlich ihrer Anfälligkeit gegenüber wasserstoffinduzierter Spannungsrisskorrosion (H-ind. SpRK) in Abhängigkeit von Werkstoff, Gefüge und Randzustand, wurden aus den Werkstoffen 30MnB4, 32CrB4 und einer modifizierten Form des 42CrMo4(mod) Schrauben der Festigkeitsklasse (FK) 12.9 mit einem Gewinde M8 sowie einer eingerollten Kerbe im Schaftbereich gefertigt. Beim 42CrMo4(mod) handelt es sich um einen Werkstoff für ultrafeste Schrauben der FK 14.9 bzw. 16.9. Dabei wurden je Werkstoff Schrauben mit bainitischem und martensitischem Gefüge je zwei unterschiedlicher Härtebereiche innerhalb der FK 12.9, sowie je vier unterschiedlicher Randzustände hergestellt. Zur Bewertung der Werkstoffanfälligkeit wurden im Rahmen dieses Projektes Methoden in den Bereichen mechanischer Verspannversuche und Wasserstoffgehaltsmessungen entwickelt. Im Bereich der Verspannversuche wurde die Methode der sukzessiven Minimierung der Vorspannkraft zum Erreichen eines Kerbbruchs erarbeitet. Die Charakterisierung der wasserstoffbeladenen Schrauben erfolgt bei dieser Methode mit der minimalen Vorspannkraft zum Erreichen eines Kerbbruchs und mit der Verspanndauer bis zum Bruch. Die bei den Verspannversuchen erzeugten Bruchflächen wasserstoffbeladener Schrauben wurden mittels Rasterelektronenmikroskopie hinsichtlich versprödeter Bereiche in Abhängigkeit von der Vorspannkraft und der Verspanndauer bis zum Bruch untersucht. Im Bereich der Wasserstoffgehaltsmessung mittels Thermodesorption wurde eine neue Methode zur Bestimmung von H-Diffusionskoeffizienten entwickelt. Dabei werden die gemessenen Wasserstoffgehalte in Abhängigkeit von der Höhe der Probenzylinder ausgewertet. Zur Auswertung wurde aus einer Lösung der Fick’schen Diffusionsgesetze ein Wasserstoffabsorptionsmodell hergeleitet, welches die Wasserstoffaufnahme über die Grundflächen und die Mantelfläche eines Probenzylinders infolge einer nasschemischen Wasserstoffbeladung beschreibt. Die Methode der Wasserstoffgehaltsmessung in Abhängigkeit von der Zylinderhöhe erlaubt die Bestimmung von Wasserstoffdiffusionskoeffizienten und eine Simulation von Wasserstoffkonzentrationsprofilen innerhalb der Schrauben. Hinsichtlich der Anfälligkeit der Schrauben gegenüber wasserstoffinduzierter Spannungsrisskorrosion in Abhängigkeit von Gefüge und Randzustand wurde gezeigt, dass mit steigendem Kohlungsgrad des Randes die Wasserstoffaufnahme begünstigt wird, wodurch die minimale Vorspannkraft zum Erreichen eines Kerbbruchs reduziert wird. Die gleiche Wirkung wurde für einen Rand mit 𝛿 – Ferrit beobachtet. Konträr zu dieser Beobachtung ist der Einfluss des Grundwerkstoffs auf die Anfälligkeit gegenüber H-ind. SpRK. Obwohl der Werkstoff mod. 42CrMo4 im Vergleich zum 32CrB4 und 30MnB4 den meisten Wasserstoff absorbiert, weist er die höchste minimale Vorspannkraft zum Erreichen eines Bruchs auf. Der 30MnB4, der infolge der Wasserstoffbeladung die geringste Wasserstoffkonzentration aufweist, bricht dagegen bereits bei verhältnismäßig sehr geringen Vorspannkräften. Werkstoffe mit einem bainitischen Gefüge können gegenüber konventionell vergüteten martensitischen Werkstoffen bei einer höheren Vorspannkraft beansprucht werden. Weiterhin wurde gezeigt, dass der Wasserstoffdiffusionskoeffizient des Werkstoffs 30MnB4 am höchsten ausfällt, während derjenige des mod. 42CrMo4 den geringsten Wert aufweist. Der Diffusionskoeffizient korreliert direkt mit der Verspanndauer bis zum Bruch: Je höher der Diffusionskoeffizient, desto schneller brechen die Schrauben bei der minimalen Vorspannkraft zum Erreichen eines Kerbbruchs.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Einfluss von unterschiedlichen Gefügezuständen auf wasserstoffinduziertes Versagen hochfester Schrauben, 50. Metallographie-Tagung Materialographie, Berlin, 23.09.2016
J. Biehler, M. Brilz, H. Hoche, M. Oechsner
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Wasserstoffinduzierte Spannungsrisskorrosion an hochfesten Schrauben, DVM-Tag 2016 – Bauteile verstehen, 20. bis 22. April 2016, Berlin
H. Hoche
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Fractures in High-Strength Bolts due to Hydrogen Induced Stress Corrosion – Causes and Corrective Actions, Pract. Metallogr. 54 (2017) 3
H. Hoche, M. Oechsner
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Development of a hydrogen absorption model to determine absorption kinetics and diffusion coefficients by means of carrier gas hot extraction
M. Brilz , J. Biehler, H. Hoche, M. Oechsner