Interaktionale Grammatik: Appositionen und appositionsähnliche Konstruktionen im gesprochenen Deutsch zwischen interaktionaler Praktik und syntaktischem Muster
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Gegenstand der Projektarbeit waren in erster Linie weite Appositionen im gesprochenen Deutsch. Ziel der Untersuchung war es, weite Appositionen in ihrer phänomenalen Vielfalt empirisch möglichst holistisch abzubilden. Daher sind die Analysen unter Berücksichtigung syntaktischer, lexikalischer, prosodischer, semantischer und pragmatischer Aspekte erfolgt. Außerdem wurden partiell auch Aspekte der Multimodalität in die Untersuchung mit einbezogen. Angestrebt wurde eine konstruktionsgrammatische Beschreibung des Phänomens vor allem in dialo-gisch-interaktionalen aber auch in monologischen Gebrauchszusammenhängen. Als zentrales theoretisches und methodisches Problem hat sich in diesem Zusammenhang erwiesen, dass sich der Gegenstandsbereich - worauf auch bereits bestehende Studien hindeuten - besonders im interaktionalen Sprachgebrauch als äußerst diffus und schlecht abgrenzbar erweist. Apposition ist eine grammatische Kategorie mit unscharfen Rändern, die sich mittels einer klassischen Merkmalsbeschreibung nach einer Art Alles-oder-nichts-Prinzip nicht sinnvoll erfassen lässt. Diese Unschärfe betrifft vorrangig die äußere Abgrenzung des Phänomenbereichs von benachbarten' Konstruktionen, wie bspw. verschiedenen appositionsähnlichen Formaten der Rechtsexpansion. Es ergeben sich vor dem Hintergrund des bisherigen Forschungsstandes aber auch Probleme bzgl. der ,inneren' Gliederung des Phänomenbereichs - vor allem mit Blick auf die Abgrenzung weiter und enger Appositionen: An verschiedener Stelle finden sich zwar Hinweise darauf, dass mit Blick auf die Unterscheidung zwischen weiten und engen Appositionen vor allem der Prosodie eine zentrale Rolle zukommt. Untersuchungen zum gesprochenen Deutsch, die dies anhand von empirischer Daten nachweisen, liegen jedoch nicht vor. Mit Blick auf die aufgeführten Desiderata erschien es sinnvoll, sich dem Phänomen in einem datengeleiteten Verfahren empirisch anzunähern. Dabei hat sich der grammatiktheoretische Rahmen der gebrauchsbasierten Konstruktionsgrammatik als hilfreich erwiesen, da dieser Möglichkeiten zur Klassenbildung nach Familienähnlichkeiten ebenso wie zur Berücksichtigung von Prototypeneffekten eröffnet. Ein weiterer entscheidender Vorteil, den ein konstruktionsgrammatischer Ansatz mit sich bringt, ist, dass sich vor dem Hintergrund einer Unterscheidung zwischen Form- und Bedeutungspol einer grammatischen Konstruktion, formale und funktionale Eigenschaften von Appositionen und appositionsähnlichen Mustern systematischer beschreiben lassen, als dies in der bisherigen Forschung der Fall ist.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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(2014): Appositions in monologue, increments in dialogue? On appositions and apposition-like patterns and their status as constructions. In: Boogaart, Ronny, Timothy Colleman und Gijsbert Rutten, Gijsbert (Hrsg.): Extending the Scope of Construction Grammar. Berlin: de Gruyter, 323-353
Wolfgang Imo
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(2014): Interaktionale Linguistik. In: Staffeldt, Sven und Jörg Hagemann (Hgg.): Pragmatiktheorien: Vergleichende Analysen. Tübingen: Stauffenburg, 49-82
Wolfgang Imo
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(2015): Interactional Construction Grammar. In: Linguistics Vanguard 1, 1-9
Wolfgang Imo
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(2015): Nachträge im Spannungsfeld von Medialität, Situation und interaktionaler Funktion. In: Vinckel-Roisin, Hélène (Hrsg.): Das Nachfeld im Deutschen: Theorie und Empirie. Berlin: de Gruyter, 231-253
Wolfgang Imo
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(2015): Temporality and syntactic structure: utterance-final intensifiers in spoken German. In: Deppermann, Arnulf und Susanne Günthner (Hgg.): Temporality in interaction. Amsterdam: Benjamins, 147-172
Wolfgang Imo
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(2015): Zwischen Construction Grammar und Interaktionaler Linguistik: Appositionen und appositionsähnliche Konstruktionen in der gesprochenen Sprache. In: Lasch, Alexander und Alexander Lasch (Hrsg.): Konstruktionsgrammatik IV. Tübingen: Stauffenburg, 91-114
Wolfgang Imo
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(2017): Apposition: a multimodal construction? The multimodality of linguistic constructions in the light of usage-based theory. In: Linguistics Vanguard. A Multimodal Journal for the Language Sciences. 3(s1), 1-12
Jens Philip Lanwer
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(2017): Diskursmarker: grammatischer Status - Funktionen in monologischen und dialogischen Kontexten - historische Kontinuität. In: Blühdorn, Hardarik und Arnulf Deppermann (Hrsg.): Diskursmarker im Deutschen: Reflexionen und Analysen. Mannheim: Verlag für Gesprächsforschung, 49-72
Wolfgang Imo
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(2017): Koreferenz: eine Frage des common ground? Überlegungen zum Funktionsspektrum weiter Appositionen an der Schnittstelle von Interaktion und Kognition. In: Deutsche Sprache 45, 222-244
Jens Philip Lanwer
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(2017): ob-Sätze im gesprochenen und geschriebenen Deutsch. In: Deutsche Sprache 45, 1-30
Wolfgang Imo
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(2017): Sprache ist komplex. Nur: Für wen? In: Hennig, Mathilde (Hg.): Linguistische Komplexität - ein Phantom? Tübingen: Stauffenburg, 149-174
Wolfgang Imo & Jens Philipp Lanwer
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(2017): Über nein. In: Zeitschrift für Germanistische Linguistik 45, 40-72
Wolfgang Imo