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Erforschung kleinräumiger, extremer konvektiver Starkwindereignisse und deren Wechselwirkung mit Bebauungsstrukturen im urbanen Bereich

Fachliche Zuordnung Strömungsmechanik
Physik und Chemie der Atmosphäre
Förderung Förderung von 2013 bis 2018
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 245745015
 
Erstellungsjahr 2018

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Extreme konvektive Starkwindereignisse sind häufig mit erheblichen Schäden an vulnerablen Strukturen wie Gebäuden, Infrastrukturen oder der Umwelt verbunden. Diese Ereignisse entstehen entweder aus lokal-skaligen Abwinden (Downbursts), die durch diabatische Abkühlungen in Gewitterwolken induziert werden und anschließend bodennah divergierende horizontale Strömungen erzeugen, oder aus mesoskaligen Böenfronten meist größerer Gewitterkomplexe. Bei letzteren kommt es zum Zusammenschluss der Abwinde mehrerer Gewitterzellen, die dann zu hohen Druckgradienten und hohen horizontalen Windgeschwindigkeiten führen. Da konvektive Windböen aufgrund ihrer kleinräumigen Ausdehnung und hohen Instationarität nicht vollständig und homogen durch Stationsmessungen erfasst sind, besteht noch immer ein erhebliches Wissensdefizit hinsichtlich deren räumlicher und zeitlicher Variabilität. Vor diesem Hintergrund wurde im Rahmen des DFG-Projekts ein Ereigniskatalog für Deutschland aus Beobachtungsdaten des Deutschen Wetterdienstes (DWD; 1992–2014) erstellt und die Ereignisse statistisch ausgewertet. Daraus konnten erstmalig verschiedene charakteristische Merkmale der Böen wie zeitliche und räumliche Variabilitäten, Wiederkehrperioden und Böenfaktoren bestimmt werden. Die Ergebnisse zeigen insgesamt, dass die Auftretenswahrscheinlichkeit konvektiver Böen von Nord- nach Süddeutschland zunimmt; subskalige räumliche Muster, beispielsweise durch den Einfluss der Orografie, konnten dagegen nicht identifiziert werden. In der zweiten Projektphase wurden basierend auf hochaufgelösten Windmessungen (< 1 min) an zwei Grenzschichtmasten 30 Fallbeispiele ausgewertet. Im Fokus standen hier verschiedene charakteristische Eigenschaften der Böen wie ihre zeitliche Entwicklung (Dauer, Anstiegs- und Abklingzeit), Turbulenzintensität, vertikale Geschwindigkeit, zeitliche Abhängigkeit des konvektiven Böenfaktors und der Zusammenhang zu weiteren relevanten meteorologischen Größen. Die Ergebnisse aus den ersten beiden Projektphasen waren wichtige und hilfreiche Informationen für die Versuchsaufbauten und Auswertungen eines Partnerprojekts und können auch zukünftig als Randbedingungen für weitere experimentelle oder numerische Untersuchungen genutzt werden. Ein nicht lösbares Problem bei den Untersuchungen war der Mangel an geeigneten zwei-dimensionalen Beobachtungsfeldern (zeitlich hochaufgelöst, z.B. Lidardaten) realer konvektiver Böen zusammen mit weiteren meteorologischen Daten, die für eine genauere Auswertung vor allem der räumlichen Strukturen sowie der Entstehungsmechanismen bzw. der Einflussgrößen konvektiver Böen notwendig gewesen wären. In der letzten Projektphase wurden verschiedene empirische Böenmodelle auf räumlich hochaufgelöste Reanalysedaten zur (flächendeckenden) Abschätzung der Wahrscheinlichkeiten maximaler konvektiver Böen in Deutschland angewendet. Dabei wurden die Ergebnisse der Böenmodelle auf systematische Unterschiede hinsichtlich ihrer Verteilungen und Intensitäten analysiert und mit Hilfe der verfügbaren Stationsdaten evaluiert. Ebenfalls untersucht wurde, welchen Einfluss die verschiedenen meteorologischen Parameter, die in die Böenmodelle eingehen, auf die Ergebnisse haben. Insgesamt zeigte sich, dass die Böenmodelle zwar grundsätzlich die räumliche Ausdehnung/Lage der Ereignisse reproduzieren, sich aber hinsichtlich der Intensität deutlich unterscheiden, sodass die Werte der modellierten Böen nicht direkt auf die Realität übertragbar sind. Abschließend wurde aus der Kombination der Beobachtungs- und Modelldaten erstmalig eine zonierte Starkwindklimatologie für Deutschland erstellt. Diese weist ebenfalls einen ausgeprägten Nord-Süd-Gradienten auf, wobei die räumliche Verteilung der Böenwahrscheinlichkeit vor allem durch die Schmelzschichthöhe, die Stabilitätsbedingungen, die Feuchtebedingungen in der unteren Troposphäre und der Entstehungshöhe des Abwinds bestimmt wird. Diese Starkwindklimatologie könnte zukünftig bei der Bemessung gebauter Strukturen, beispielsweise in den Windlastnormen, berücksichtigt werden.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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