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Begriffswandel als eine Form kognitiver Dynamik

Fachliche Zuordnung Theoretische Philosophie
Förderung Förderung von 2014 bis 2018
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 246298980
 
Es ist eine der zentralen Aufgaben der Philosophie, ein Verständnis des Menschen als eines Wesens zu entwickeln, das die Welt gedanklich und sprachlich repräsentiert und dabei systematisches Wissen erwirbt. Der Erwerb eines Weltverständnisses ist für endliche Wesen wie uns ein langwieriger Prozess der Ausbildung und Anpassung unseres kognitiven Haushalts, der auf die Informationen reagiert, die wir von anderen erhalten, und auf die Erfahrungen, die wir machen, kurz: ein Prozess kognitiven Wandels. Die beiden grundlegenden Formen kognitiven Wandels sind Überzeugungswandel und Begriffswandel. Mit ersterem haben wir es zu tun, wenn Überzeugungen einem bestehenden Überzeugungssystem hinzugefügt oder daraus entfernt werden. Begriffswandel ist demgegenüber ein Wandel des Begriffssystems, aus dem unsere Überzeugungen ihren Gehalt beziehen. Die angestrebte Untersuchung betritt Neuland: Philosophische Untersuchungen kognitiver Dynamik im Allgemeinen beschränken sich bisher auf das Phänomen des Überzeugungswandels. Begriffswandel ist von der Philosophie bisher nur für den Spezialfall naturwissenschaftlichen Wissens untersucht worden. Die Forschung zum Begriffswandel als einem allgemeinen kognitiven Phänomen findet bisher vor allem in der Entwicklungspsychologie und der science education statt und unterscheidet sich methodisch deutlich von philosophischer Forschung.Das Projekt leistet erstens eine begriffliche Bestimmung des Phänomens des Begriffswandels: Es wird geklärt, durch welche grundlegenden Merkmale Begriffswandel als eine Form kognitiven Wandels gekennzeichnet ist und wie sich diese Form der Veränderung unseres Denkens von anderen unterscheidet. Dabei wird zum einen das von der bisherigen Forschung ausschließlich untersuchte Phänomen des Begriffswechsels - der Ersetzung von Begriffen durch andere Begriffe - durch die Idee der Inkommensurabilität bestimmt; zum anderen wird geltend gemacht, dass sich daneben auch der Gedanke einer qualitativen Veränderung einzelner Begriffe verständlich machen lässt, sodass zwischen zwei Arten des Begriffswandels unterschieden werden muss. Zweitens soll die "Logik" des Vorgangs des Begriffswandels erklärt werden: Hier geht es um die grundlegende Frage, wie Begriffswandel überhaupt möglich ist und welche Fähigkeiten - etwa praktischer, epistemischer oder sprachlicher Art - dabei zur Anwendung kommen müssen. Drittens werden die evaluativen und normativen Fragen nach den Möglichkeiten begrifflichen Fortschritts und rationalen Begriffswandels untersucht: Es soll gezeigt werden, dass es einen Sinn gibt, in dem Begriffswandel auch aus der Perspektive des jeweiligen Subjekts nicht bloß geschehen, sondern mit guten Gründen und bis zu einem gewissen Grad kontrolliert, kurz: rational vollzogen werden kann. Auf diese Weise wird das bestehende Verständnis rationalen Überzeugungswandels mit einer Theorie rationalen Begriffswandels zusammengeführt und ein umfassendes Bild kognitiver Dynamik gezeichnet.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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