Parallelimporte, Innovationen und Generika: Wettbewerb im deutschen Markt für orale Antidiabetika
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Parallelimporte sollen auf patentgeschützten Arzneimittelmärkten für mehr Wettbewerb und damit für Kostenersparnisse der gesetzlichen Krankenkassen sorgen. Während der Handel mit importierten Originalpräparaten von der Europäischen Union und nationalen Gesundheitssystemen gefördert wird, ist die Maßnahme ökonomisch umstritten. In unserer Studie des Marktes für orale Antidiabetika zeigen wir für Konsumenten positive Effekte von jährlich ca. 19 Millionen Euro durch Parallelimporte. Die Umsätze von Originalherstellern in Deutschland verringern sich dagegen um rund 18 Millionen Euro pro Jahr im Markt für orale Antidiabetika. Das Forschungsprojekt erweitert die Literatur zu strukturellen empirischen Nachfrage- und Angebotsmodellen, die Konsumentenverhalten und Unternehmensstrategien modellieren und empirisch schätzen, um zwei Analysen des deutschen Arzneimittelmarktes. Dabei wird das Thema Parallelimporte in Europa erstmals in solcher Detailtiefe analysiert. Durch die mikroökonomisch fundierte Analyse eines wichtigen Arzneimittelmarktes lassen sich auch wichtige Schlüsse für Regulierungsbehörden und Politiker in Deutschland und Europa ziehen. Methodisch haben wir u. a. strukturelle empirische Modelle der Industrieökonomik im vergleichsweise stark regulierten deutschen Arzneimittelmarkt angewendet. Ursprünglich wurden die mikroökonomischen Methoden in regulierungsarmen Märkten entwickelt und vorwiegend in schwach regulierten Märkten angewendet. Daher haben sich im Laufe des Projekts immer wieder Fragen zu Interaktionen von unserem methodischen Ansatz mit weiteren Regulierungen ergeben, die sich ggf. überlagern. Daher entwickelten sich zwei weitere Projekte, die Festbeträge und Zuzahlungen, wohl die prominentesten Regulierungen im deutschen Arzneimittelmarkt, untersuchen. Herr und Suppliet (2016) zeigen kausal im Rahmen einer Differenzen-in-Differenzen-Analyse, dass im Durchschnitt die Generikahersteller ihre Preise durch die Einführung von Zuzahlungsbefreiungsgrenzen senken, während Markenhersteller die Preise ihrer etablierten, ehemals patentierten Produkte relativ zum Festbetrag erhöhen und damit hochpreisige Nischen besetzen. Es wird ferner gezeigt, dass die patientenrelevanten Zuzahlungen durch die Senkung von Festbeträgen im deutschen System steigen können. Ein anderes Projekt entwickelt das strukturelle Modell von Duso et al. (2014) methodisch weiter, indem es Patienten-Heterogenität in der Nachfragefunktion zulässt und den Einfluss von Werbung auf dem OTC-Markt berücksichtigt. Alle bearbeiteten Teil-Projekte tragen zu einem detaillierten Bild und einer mikroökonomisch fundierten Analyse von Regulierungen und Nachfrageverhalten auf dem deutschen Arzneimittelmarkt bei. Die Erfolge bei internationalen wissenschaftlichen Zeitschriften und auf internationalen Konferenzen zeigen außerdem ein Interesse an und eine Übertragbarkeit unserer Forschung, die über den deutschen Markt hinausgeht. Die Meilensteine umfassen u. a. die Veröffentlichung in der international anerkannten Zeitschrift Health Economics sowie die Auszeichnung dieses Artikels mit dem Wissenschaftspreis der Deutschen Gesellschaft für Gesundheitsökonomie (dggö) bei der Jahrestagung im März 2015.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- (2014), The welfare impact of parallel imports: A structural approach applied to the German market for oral antidiabetics. DICE Discussion Paper 137
Duso, T., Herr, A., und M. Suppliet
- (2014), The welfare impact of parallel imports: A structural approach applied to the German market for oral antidiabetics. Health Economics, 23(9): 1036–1057
Duso, T., Herr, A., and M. Suppliet
(Siehe online unter https://doi.org/10.1002/hec.3068) - (2015), Advertising, competition, and regulation in the pharmaceutical industry, Dissertation, Heinrich-Heine-Universität
Suppliet, M.