Detailseite
Projekt Druckansicht

Identifizierung genetischer Risikofaktoren für Divertikulose und Divertikulitis

Fachliche Zuordnung Gastroenterologie
Humangenetik
Förderung Förderung von 2014 bis 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 246642874
 
Erstellungsjahr 2020

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Bis zu 50% der Personen über 60 Jahren in Europa weisen eine Divertikulose auf und 10 bis 25% dieser Patienten entwickeln im Verlauf eine akute Divertikulitis. Schwere Komplikationen (Abszess, Perforationen, lebensbedrohliche Blutung) treten bei etwa 15% der Divertikulitiden auf und sind für die Divertikulose-assoziierte Sterblichkeit von 2,5 pro 100.000 verantwortlich. Aufgrund seiner hohen Prävalenz und der damit verbundenen Komplikationen ist die Divertikelerkrankung die fünftwichtigste Magen-Darm-Erkrankung in westlichen Ländern in Bezug auf direkte und indirekte Kosten und Mortalität. Die Pathogenese der Divertikelerkrankung ist ein multifaktorieller Prozess, der Lebensstilfaktoren (Rauchen, körperliche Inaktivität, BMI), Alterung und eine genetische Veranlagung umfasst. Epidemiologische Studien und Zwillingsstudien haben die Heritabilität von Divertikelerkrankungen auf 40 bis 53% geschätzt. Trotz ihrer hohen klinischen und wirtschaftlichen Auswirkungen ist die Divertikelerkrankung pathophysiologisch und genetisch wenig erforscht. Das ursprünglich im Rahmen des DA-CH-Projekts vorgeschlagene Projekt umfasste je 1.700 Divertikulose und Divertikulitis Fälle und 1.700 Kontrollen aus deutschen und österreichischen Kohorten. In einer ersten Analyse stellten wir fest, dass diese Stichprobengröße zu gering war, da die identifizierten Risikoloci keine ausreichende genomweite statistische Signifikanz erreichten. Um den Projekterfolg zu sichern und eine umfassende Entdeckungsanalyse durchzuführen, haben wir die Nutzung der Daten aus der britischen UK-Biobank beantragt. Nach der Projekterweiterung um die GWAS Analyse der UK-Biobank Daten wurden alle Projektziele erreicht. Wir führten die größte genomweite Assoziationsstudie bei Patienten mit Divertikulose, Divertikulitis und divertikelfreien Kontrollen in 31.964 Fällen und 419.135 Kontrollen europäischer Abstammung von der britischen Biobank durch. Wir identifizierten 48 Suszeptibilitätsloci, von denen 45 zum ersten Mal entdeckt wurden. Für die Replikationsstudie wurden bestehende Patientenkohorten - teilweise mit vorhandenen genomweiten Genotypdaten - aus Deutschland und Österreich gemeinsam analysiert, um die statistische Aussagekraft zu erhöhen. Darüber hinaus wurden Kohorten aus Schweden und Litauen in die Replikationsanalyse einbezogen. Die Replikationskohorten umfassten 3893 Fälle und 2829 divertikelfreie Kontrollen und ergaben die Replikation von 27 identifizierten Risikoloci. Funktionelle Analysen der identifizierten Kandidatengene deuten auf neue Mechanismen hin: Divertikulose ist primär eine Erkrankung der intestinalen neuromuskulären Funktion und einer verminderten Bindegewebsfunktion, wobei ein erhöhtes Risiko für Divertikulitis vermutlich durch eine Funktionsstörung des Epithels bewirkt wird. In den Analysen zeigte sich zudem eine hohe Übereinstimmung früherer monogener Befunde mit der polygenen Risikosignatur der Divertikelerkrankung durch die Überlappung mit syndromalen neuromuskulären Bindegewebs- und Morphogenese-Störungen. Durch die etablierte Zellbiologie der monogenen Syndrome ist ein direkter Zugang zu den funktionellen Implikationen der neuartigen Risikoloci beispielsweise an der motorischen Endplatte möglich. Diese Erkenntnisse liefern ein neues tieferes Verständnis der Biologie der humanen Darmfunktion und für die Pathophysiologie dieser Erkrankung. Die neue genetische Signatur, die innerhalb dieses D-A-CH Projektes identifiziert wurde, eröffnet neue Wege für therapeutische Interventionen für diese häufige Erkrankung. Diese neuen genetischen Erkenntnisse wurden in der Fachzeitschrift Gut veröffentlicht.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Genome-wide association analysis of diverticular disease points towards neuromuscular, connective tissue and epithelial pathomechanisms. Gut 2019;68:854-865
    Schafmayer C, Harrison JW, Buch S, et al.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1136/gutjnl-2018-317619)
 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung