Apparatur zur chemischen Analyse von Oberflächen mittels Röntgen-Photoelektronenspektroskopie
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Mit der beschafften Apparatur zur chemischen Analyse von Oberflächen mittels Röntgen-Photoelektronenspektroskopie (X-Ray Photoelectron Spectroscopy, XPS) können Rumpfniveau-Elektronen von auf Oberflächen adsorbierten Atomen und Molekülen spektroskopiert werden. Über deren genaue Lage (die sogenannte „Chemische Verschiebung“ relativ zu einer Referenzenergie) können dann Informationen über die chemische Umgebung der spektroskopierten Atome gewonnen werden. Insbesondere können somit auch unterschiedliche Reaktionsprodukte bzw. Zwischen- und Endprodukte von Reaktionen auf Oberflächen unterschieden und identifiziert werden. Die beschaffte Apparatur wurde so ausgelegt, dass ein vorhandenes Rastertunnelmikroskop (STM) zum Betrieb bei variabler Temperatur in die Apparatur integriert werden konnte. Die Apparatur als Ganzes erlaubt somit gleichzeitig die chemische Analyse der Reaktionsprodukte auf der Oberfläche mittels XPS sowie die strukturelle Analyse mittels STM an ein und derselben Probe. Die Untersuchung bei unterschiedlichen Temperaturen ermöglicht weiterhin die Analyse der bei den untersuchten Reaktionen auftretenden Zwischenprodukte, sofern diese im zugänglichen Temperaturbereich > 50 K isoliert werden können. Die Apparatur wird schwerpunktmäßig zur Untersuchung von Adsorbatreaktionen auf Halbleiteroberflächen, insbesondere Siliziumoberflächen, sowie der darauf aufbauenden Funktionalisierung dieser Oberflächen mittels organischer Schichten eingesetzt. Als typisches Beispiel für den Einsatz der Apparatur kann die Untersuchung der Adsorption von Methanol auf Si(001) dienen: Adsorbiert man Methanol auf Si(001) bei einer Oberflächentemperatur von 90 K, so kann man aus der energetischen Position der O-1s- und C-1s-Linie in den XPS-Spektren auf eine kovalente Si-O und eine O-C Bindung schließen. Dies legt nahe, dass Methanol schon bei 90 K unter Abspaltung eines Wasserstoffatoms kovalent über die Si-O Bindung an Silizium anbindet. In der Tat werden in den komplementären STM-Bildern Konfigurationen beobachtet, die ebenfalls mit einer Si-H und einer Si-O-CH3 Einheit kompatibel sind. Dabei wurden zwei unterschiedliche Anordnungen dieser Konfigurationen beobachtet (auf einem bzw. auf zwei Dimeren der Si-Oberfläche), die auf zwei Adsorptionskanäle schließen lassen. Adsorption bei Raumtemperatur führt zu den gleichen Ergebnissen, sowohl bezüglich der chemischen Anbindung als auch der beobachteten Konfigurationen. Insbesondere konnte mittels STM festgestellt werden, dass sich die Verteilung der zwei Konfigurationen nicht signifikant ändert. Daraus konnte geschlossen werden, dass die Reaktionsbarrieren in die beiden Endzustände sehr ähnlich sind. Aufgrund der Tatsache, dass schon bei 50 K der Endzustand der Reaktion beobachtet wird, konnte weiterhin auf sehr kleine Reaktionsbarrieren geschlossen werden, die mit Hilfe einer Proton-Transfer- Reaktion erklärt werden können. Durch die Verwendung der monochromatisierten Röntgenstrahlung, wie sie in der beschafften Apparatur zur Verfügung steht, konnten die in der Literatur diskutierten Konkurrenzreaktionen, insbesondere die Adsorption über C-O-Dissoziation, auch als Nebenreaktion weitgehend ausgeschlossen werden. Aus der Kombination von STM- und XPS-Experimenten in der beschafften Apparatur konnte somit ein detailliertes Bild des Reaktionsmechanismus erhalten werden. Für die organische Funktionalisierung von Halbleiteroberflächen muss zuerst eine wohlgeordnete Monolage bifunktionaler Moleküle chemoselektiv über eine Funktionalität auf der Oberfläche adsorbiert werden, so dass die zweite Funktionalität zum weiteren Aufbau der organischen Schicht zur Verfügung steht. Auf Grund der allgemein hohen Reaktivität organischer Funktionalitäten auf Siliziumoberflächen stellt dieser erste Schritt der Funktionalisierung eine experimentelle Herausforderung dar. Für funktionalisierte Cyclooctine konnte solch eine chemoselektive Adsorption mittels XPS und STM nachgewiesen werden. So konnte für Cyclooctinester und Cyclooctinether gezeigt werden, dass diese Moleküle ausschließlich über die gespannte Dreifachbindung des Cyclooctins und nicht über die Ester- oder Ethergruppe auf Si(001) anbinden. Dies wurde auf den direkten Reaktionskanal der gespannten Dreifachbindung des Cyclooctins auf Si(001) zurückgeführt.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Chemoselective Reactivity of Bifunctional Cyclooctynes on Si(001), J. Phys. Chem. C 120, 26284 (2016)
M. Reutzel, N. Münster, M. A. Lipponer, C. Länger, U. Höfer, U. Koert, M. Dürr
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Adsorption of Organic Molecules on Silicon Surfaces: Dynamics, Kinetics, and Control, Encyclopedia of Interfacial Chemistry: Surface Science and Electrochemistry (2017). ISBN: 9780128097397
M. Dürr
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Site-specific reactivity of ethylene at distorted dangling bond configurations on Si(001), ChemPhysChem 18, 357 (2017)
J. Pecher, G. Mette, M. Dürr, R. Tonner
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Adsorption of Methanol on Si(001): Reaction Channels and Energetics, J. Phys. Chem. C 122, 14756 (2018)
C. Länger, T. Bohamud, J. Heep, T. Glaser, M. Reutzel, U. Höfer, M. Dürr