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Untersuchung und Weiterentwicklung von Mehrpfade-Mechanismen mit Schwerpunkt auf der OSI-Transportschicht

Antragstellerinnen / Antragsteller Professorin Dr. Carmelita Görg (†); Professor Dr.-Ing. Erwin P. Rathgeb
Fachliche Zuordnung Sicherheit und Verlässlichkeit, Betriebs-, Kommunikations- und verteilte Systeme
Förderung Förderung von 2013 bis 2016
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 246965231
 
Erstellungsjahr 2019

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Mit der durchgängigen Verfügbarkeit mehrerer Netzzugänge in modernen Endgeräten und der Einführung Multi-Homing-fähiger Transportprotokolle (insbesondere SCTP) wurde die Basis für eine unkomplizierte Anwendung von Multi-Homing durch die Nutzer geschaffen. Deshalb stellt sich auch die Frage, ob eine gleichzeitige Nutzung mehrerer Pfade für die Erhöhung des Datendurchsatzes möglich und sinnvoll ist (Concurrent Multipath Transfer, CMT). CMT erfordert einerseits Anpassungen bei wichtigen Protokollfunktionen, z.B. der Überlastkontrolle, und hat andererseits bisher nicht aufgetretene Einflüsse auf die Nutzung und Zuteilung der Ressourcen im Netz zur Folge. Derzeit ist in der IETF eine CMT-Unterstützung auf der Transportschicht insbesondere bei der Standardisierung von Multipath-TCP (MP-TCP) und CMT-SCTP ein Thema. In vielen für das Netz und seine Steuerung relevanten Bereichen wird heute explizit oder implizit vorausgesetzt, dass eine Verbindung über genau einen Netzpfad verläuft. Ein wichtiges Beispiel ist hier die Fairness-Definition für die Ressourcenteilung zwischen konkurrierenden Verbindungen (TCP-Fairness). Um die für die Standardisierung neuer Protokolle bei der IETF geforderte TCP-Fairness zu erreichen, wurde bei den CMT-Ansätzen das Prinzip des Resource Pooling verwendet, bei dem die Summe aller Teilströme einer CMT- Verbindung nur so viele Ressourcen bekommt wie eine auf einem Bottleneck Link konkurrierende TCP-Verbindung. Wir konnten zeigen, dass dies komplex und nur für einfache Netzszenarien überhaupt möglich ist, CMT-Verbindungen in vielen Fällen unnötig und gravierend benachteiligt werden und auch die Gesamtauslastung des Netzes reduziert werden kann. Wir schlagen deshalb eine Fairness-Definition vor, bei der einzelne Teilströme einer CMT-Verbindung so viele Ressourcen bekommen dürfen wie auf dem jeweiligen Bottleneck Link konkurrierende TCP-Verbindungen. CMT eröffnet neue Freiheitsgrade zur Optimierung der Zielgrößen Datendurchsatz und Endezu-Ende-Verzögerung. Entscheidend hierfür ist das Zusammenspiel der Überlastkontrolle mit der Strategie zur Verteilung der Daten auf die verfügbaren Pfade, die wiederum über das Pfad- Management verwaltet werden. Wir konnten zeigen, dass das Pfad-Management einen erheblichen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit der Protokolle im realen Netzbetrieb hat. Künftige CMT-Protokolle sollten sich deshalb an dem bei MP-TCP verwendeten Ansatz (vollvermaschte Pfade zwischen allen Netzzugängen der Endpunkte) orientieren. Für die Durchsatzoptimierung von CMT-Protokollen wurde eine neue Sendestrategie vorgeschlagen, bei der die Datensegmente mit gegenläufigen Sequenznummern über die unterschiedlichen Pfade geschickt werden (ConSN). Dieses Verfahren hat sich in Simulationsstudien als sehr effizient und robust herausgestellt und benötigt keine detaillierte Kenntnis über Eigenschaften und Lastzustand der verwendeten Pfade. Klassische Überlastkontroll-Verfahren (Congestion Control, CC) optimieren den Datendurchsatz, induzieren dabei aber durch das periodische Füllen der Pufferspeicher im Netz variable Verzögerungen und Datenverluste (Loss Based CC). Ist die Ende-zu-Ende-Verzögerung die primäre Zielgröße, werden andere Überlastkontrollverfahren benötigt, die nur so viele Daten senden wie auf dem jeweiligen Pfad ohne übermäßige Pufferung transportiert werden können (Delay Based CC). Für den Single Path Fall wurde auf Basis der LEDBAT CC ein Verfahren entwickelt (Eclipse CC), das durch eine dynamisierte Berechnung der erlaubten selbst induzierten Verzögerung die hauptsächlichen Nachteile von LEDBAT vermeidet. Dieser CC-Ansatz wurde mit einem neuartigen Scheduling-Ansatz für CMT (Available Bandwidth Probabilistic Scheduling, ABPS) kombiniert, bei dem das Scheduling nicht für einzelne Pakete auf der Basis ggf. sehr dynamisch schwankender Pfadmetriken erfolgt, sondern bei dem lediglich eine grobe Aufteilung bestimmt wird. Pakete werden dann mit einer zu dem Wert der entsprechenden Metrik dieses Pfades proportionalen Wahrscheinlichkeit auf dem Pfad gesendet. Es konnte simulativ gezeigt werden, dass diese Kombination zu einem stabilen Verhalten führte und die variablen Anteile der Verzögerung niedrig gehalten werden konnten. Bei den Ergebnissen handelt es sich großteils um grundsätzliche Erkenntnisse, die auch für die Definition zukünftiger CMT-Protokolle nutzbringend anwendbar sind.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • LEDBAT-MP – On the Application of Lower-than-Best-Effort for Concurrent Multipath Transfer. In Proceedings of the 4th International Workshop on Protocols and Applications with Multi-Homing Support (PAMS), Victoria, British Columbia/Canada, Mai 2014
    Hakim Adhari, Sebastian Werner, Thomas Dreibholz und Erwin Paul Rathgeb
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1109/WAINA.2014.125)
  • “Revisiting the IETF Multipath Extensions on Transport Layer”, University of Duisburg-Essen, Faculty of Economics, Institute for Computer Science and Business Information Systems, November 2014
    Becke, Martin
  • „Eclipse: A New Dynamic Delay-based Congestion Control Algorithm for Background Traffic”. In Proceedings of the 18th International Conference on Network-Based Information Systems (NBiS), Taipei/Taiwan, September 2015 [Best Paper Award]
    Hakim Adhari, Thomas Dreibholz, Sebastian Werner und Erwin Paul Rathgeb
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1109/NBiS.2015.21)
  • „Transport Layer Fairness Revisited”. In Proceedings of the 13th IEEE International Conference on Telecommunications (ConTEL), Graz/Austria, Juli 2015
    Hakim Adhari, Erwin P. Rathgeb, Amanpreet Singh, Andreas Könsgen und Carmelita Görg
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1109/ConTEL.2015.7231228)
 
 

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