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Ethik der Werbung in Zeiten des medialen Wandels.

Antragstellerinnen / Antragsteller Dr. Uta Müller; Professor Dr. Guido Zurstiege
Fachliche Zuordnung Publizistik und Kommunikationswissenschaft
Förderung Förderung von 2014 bis 2016
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 249557738
 
Erstellungsjahr 2017

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Obwohl die Ethik der Werbung ein wichtiges Thema der bisherigen Werbeforschung darstellt, liegen bislang wenig gesicherte Erkenntnisse über die Werteorientierungen von Werbepraktikern vor. Aufgrund eines tiefgreifenden Strukturwandels im Mediensystem sind jedoch ethische Probleme, mit denen sich Werbepraktiker heute konfrontiert sehen, sehr vielfältig. Zu den am häufigsten diskutierten Problemen gehören Datenschutzfragen, die Trennung von Werbung und redaktionellen Inhalten sowie die zunehmende Bedeutung von Algorithmen im Prozess der Buchung von Werberaum und Werbezeit. Das Forschungsprojekt basierte auf zwei empirischen Zugängen zum Feld: In einer ersten Vorstudie wurde eine Inhaltsanalyse von zwei großen Fachzeitschriften durchgeführt. Diese Vorstudie umfasste eine Zeitspanne von 30 Jahren (1984-2013) und sollte ausloten, wie werbeethische Themen in der Branchenpresse angesprochen werden. Aus dem Analysezeitraum wurde eine 20-prozentige Stichprobe (simple random sampling) gezogen (zehn Ausgaben pro Jahrgang und Magazin). Der Analysekorpus bestand damit aus insgesamt 596 Ausgaben bzw. über 51.000 Artikeln. Die Inhaltsanalyse zeigte, dass werbeethische Fragestellungen im Branchendiskurs nur vergleichsweise selten aufgegriffen werden (in rund 2 % der untersuchten Artikel), aber im Untersuchungszeitraum signifikant an Stellenwert gewonnen haben. Diese Zunahme kann auf die voranschreitende Bedeutung digitaler Medien und den damit verbundenen normativen Selbstvergewisserungsbedarf der Branche zurückgeführt werden. In einem zweiten empirischen Zugang wurden 30 problemzentrierte Interviews mit Werbepraktikern aus werbetreibenden Unternehmen, Werbeagenturen und Medienvermarktern durchgeführt. Fünf Praktiker aus mittelständischen Werbeagenturen und fünf Praktiker aus großen Werbeagenturen wurden befragt. Zehn weitere Interviews wurden mit Praktiker aus den Marketingabteilungen sehr unterschiedlicher Branchen geführt (Outdoor-Bekleidung, Klebstoffe, Garten- und Heimwerkerzeugnisse, stationärer und Online-Einzelhandel, Telekommunikation, Haushaltsgeräte, Lebensmittel und Informationstechnologie). Schließlich wurden zehn Interviews mit Praktiker aus Medienvertriebsabteilungen durchgeführt. Auch hier haben wir auf ein breites Spektrum geachtet (öffentlich-rechtliches und kommerzielles Fernsehen, Online-Affiliate-Netzwerke, Online-Radio, Out-of-Home-Medien, Publikumszeitschriften und Zeitungen). Die Antworten der Gesprächspartner lassen keinen Zweifel daran, dass die fortschreitende Digitalisierung die Werbeindustrie massiv betrifft und neue ethische Fragen aufwirft. Während Praktiker aus allen drei Berufsfeldern sich sehr klar über die Auswirkungen dieser digitalen Revolution für ihre tägliche Praxis waren, unterschieden sie sich sehr deutlich in der Wahrnehmung der ethischen Implikationen. Die Ergebnisse des Projekts bestätigen in vielerlei Hinsicht den bisherigen Forschungsstand etwa zur moralischen Verstummung und moralischen Kurzsichtigkeit von Werbepraktikern. Eine neue Perspektive eröffnete das Projekt vor allem mit Blick auf die zunehmende Bedeutung von Algorithmen im Prozess der automatisierten Buchung von Anzeigenraum und Anzeigenzeit (programmatic buying). Viele der geschäftlichen Transaktionen zwischen Werbezeitvermarktern und Agenturen erfolgen inzwischen automatisch, ohne die Einbeziehung eines menschlichen Experten auf Seiten eines Vermarkters, was die Zuschreibung von ethischer Verantwortung erschwert.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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