Politische Sozialisation im Erwachsenenalter - Die Bedeutung latenter politischer Lernprozesse unter besonderer Berücksichtigung des Arbeitslebens
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das vorliegende Projekt untersucht die mittel- und langfristige intra-individuelle Entwicklung von (gesellschafts-) politischen Einstellungen und Verhaltensweisen im Erwachsenenalter. Unter Verwendung der Längsschnittdaten des Sozioökonomischen Panels (SOEP) für Deutschland und des British Household Panel Surveys (BHPS) für Großbritannien werden neben Geschlechtsrollenvorstellungen, Wertorientierungen und Lebenszielen auch das politische Interesse, Parteibindungen und ideologische Orientierungen sowie die Häufigkeit politischer Beteiligung in den Blick genommen. Die Analysen des Projektes umfassen Stabilitäts- und Kausalanalysen, die drei übergeordnete Fragestellungen verfolgen: Zum einen wurde untersucht, ob – und wenn ja, wie stark – die verschiedenen Merkmale über den individuellen Lebensverlauf variieren. Zum andern wurde der Frage nachgegangen, von welchen Größen die Veränderung von Einstellungen und Verhaltensweisen moderiert wird. Die dritte Frage befasste sich mit der Untersuchung der Ursachen und Auslöser für die Orientierungs- und Verhaltensänderungen. Konkret wurde danach gefragt, welchen Einfluss Lebensereignisse bzw. Änderungen der Lebensumstände – u.a. in familialer, räumlicher und vor allem beruflicher Hinsicht – auf Veränderungen der jeweiligen Einstellungs- und Verhaltensmerkmale haben. Die Ergebnisse der verschiedenen Untersuchungen lassen sich wie folgt zusammenfassen. Erstens konnten deutliche Unterschiede in der Stabilität der betrachteten Merkmale festgestellt werden. So wurden auf der einen Seite Merkmale identifiziert – insbesondere die Wert- und Geschlechtsrollenorientierungen – die sich im Lebensverlauf zum Teil deutlich verändern, womit sich bestätigt, dass in diesen Fällen Sozialisation eher als ein lebenslanger Prozess zu verstehen ist. Auf der anderen Seite stehen Merkmale wie politisches Interesse, die Stärke von Parteibindungen oder die politische Partizipation, die dauerhaft sehr stabil sind. Dies deutet darauf hin, dass die Sozialisation bei diesen Merkmalen meist recht früh nach der Adoleszenz weitgehend abgeschlossen ist und sich die dort entwickelten Haltungen – abgesehen von kurzfristigen und temporären Schwankungen – oft nur noch wenig oder gar nicht mehr ändern. Es stellte sich zudem heraus, dass die Stabilität bzw. die Veränderung von Orientierungs- und Verhaltensmerkmalen nicht in allen Subgruppen gleichartig ist, sondern von verschiedenen Variablen beeinflusst wird. Dabei wirken neben sozidemographischen Merkmalen und Ressourcen auch Persönlichkeitseigenschaften wie Extraversion oder Offenheit und die Frequenz wichtiger Lebensereignisse und -veränderungen als Moderatoren die politischen Orientierungs- bzw. Verhaltensveränderungen. Drittens konnte gezeigt werden, dass Lebensereignisse und Änderungen der Lebensumstände in den untersuchten Bereichen sozioökonomische Ressourcen, Partnerschaft, Familie, räumliche Umgebung und aber auch im Beruf zu Verschiebungen bei den politischen Orientierungs- und Verhaltensmerkmalen führen. Subgruppenanalysen und Interaktionsmodelle zeigen zudem, dass diese Effekte von Variablen wie Bildungsniveau, Einkommen, beruflicher Stellung oder Geschlecht moderiert werden. Insbesondere ist hier zu erwähnen, dass Lebensereignisse bei den Geschlechtern unterschiedlich z.T. unterschiedlich wirken. Insgesamt lässt sich festhalten, dass die oft formulierte These einer sehr starken Stabilität grundlegender (gesellschafts-) politischer Orientierungen und Verhaltensweisen nach dem Jugendalter nicht prinzipiell aufrechterhalten werden kann, sondern dass hier eine deutlich differenziertere Betrachtung notwendig ist.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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(2015). Der Einfluss der Persönlichkeit auf die Stabilität politischer Orientierungen und Verhaltensmerkmale. In T. Faas, C. Frank & H. Schoen (Hrsg.), Politische Psychologie. Politische Vierteljahresschrift Sonderheft 51. Baden-Baden: Nomos, 115-140
Mays, A.
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(2016). Die Bedeutung von Veränderungen in der sozioökonomischen Ressourcenausstattung für das individuelle politische Engagement. Politische Psychologie 2/2016, 215-235
Mays, A. & V. Hambauer
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(2017). Begünstigen häufige „Change-Inducing Events“ Änderungen bei Parteibindungen? Zeitschrift für Politikwissenschaft, 1-24
Mays, A.
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(2018). Der Einfluss der Persönlichkeit auf die individuelle Veränderung von ideologischen Orientierungen – Eine Analyse mit SOEP-Daten. Politische Psychologie 1/2018, 75-96
Mays, A. & S. Kühnel
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(2018). Fördert Partizipation am Arbeitsplatz die Entwicklung des politischen Interesses und der politischen Beteiligung? Zeitschrift für Soziologie 47(6), S. 418-437
Mays A.
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(2018). The Impact of Changes in Employment Status and Working Conditions on Gender Role Attitudes. Working Paper, Econstor
Mays, A.
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(2019). Zum Zusammenhang zwischen Offenheit und politischer Involvierung – Eine Analyse mit SOEP – Daten. In E. Bytzek, U. Rosar, & M. Steinbrecher (Hrsg.), Wahrnehmung – Persönlichkeit – Einstellungen. Psychologische Theorien und Methoden in der Wahl- und Einstellungsforschung (S. 71-100). Wiesbaden: VS Verlag
Mays, A. & S. Kühnel