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Bildung im Elementarbereich: Positionierungen von Eltern und Fachkräften unter besonderer Berücksichtigung der Diskurs(re)produktionen der Träger und Leitungen von Kindertagesstätten

Fachliche Zuordnung Allgemeine und Historische Erziehungswissenschaft
Bildungssysteme und Bildungsinstitutionen
Erziehungswissenschaftliche Sozialisations- und Professionalitätsforschung
Förderung Förderung von 2014 bis 2019
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 250597328
 
Erstellungsjahr 2019

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Im Anschluss an die erste Projektphase, in der a) diskursive Verknüpfungen zwischen pädagogischen Praktiken in Kitas und bildungspolitischen Programmatiken herausgearbeitet und b) Aushandlungsprozesse um Zuständigkeiten von Eltern und Fachkräften für frühkindliche Bildung unter einer differenz- und ungleichheitsananalytischen Perspektive untersucht wurden, zielt die zweite Projektphase auf die Gestaltungsmöglichkeiten von Leitungen und Trägern in diesen Kontexten. a) Anhand von Interviews mit Trägervertretungen und Leitungen konnte gezeigt werden, wie überraschend stark auch hier auf bildungspolitische Diskurse Bezug genommen wird. Leitungen beziehen sich sich bei der inhaltlichen Bestimmung des Bildungsauftrags der Kita deutlich auf die jeweiligen Bildungsleitlinien, aber auch auf ein Konzept von Bildung als Erwerb eines spezifischen Subjektvermögens. Trägervertretungen hingegen nehmen entsprechend ihrer anders gelagerten institutionellen Logiken spezifischen Formen der ‚Übersetzung‘ vor. Zwar nehmen auch sie, ähnlich wie die Fachkräfte und Leitungen, zur inhaltlichen Bestimmung frühkindlicher Bildung eine Abgrenzung von schulischer Bildung und bloßer Betreuung einerseits und die Bestimmung von Elementarbildung als spielerisch, entdeckend und nach Möglichkeit selbstbestimmt vor. Vor allem aber wird die Erfüllung des Bildungsauftrags durch die Träger 1.) in Strategien der Qualitätssicherung und 2.) in eine Qualifizierung und Professionalisierung von Fachkräften überführt, die stark den Steuerungs- und Standardisierungsbemühungen von Seiten der Bildungspolitik entspricht. In allen rekonstruierten Fällen wurde dabei den in der Praxis tätigen Subjekten eine herausragende Bedeutung für die Qualitätsentwicklung und -sicherung zugesprochen, womit Steuerungsprozesse vor allem auf Habitus, Selbstverständnis und Praxis der Fachkräfte zielen. So wird ein jeweils trägerspezifisch unterschiedlich konkretisiertes ‚Erzieher_innen-Subjekt‘ zum Ansatzpunkt der Steuerungspolitiken. Teilweise wird diese Adressierung der Fachkräfte verbunden mit der Aufforderung zu einer je trägerspezifischen Identifizierung. Auch hier ist auffällig, dass in der Bearbeitung bildungspolitischer Diskurse auf der Ebene der konkreten Einrichtungen so stark und individualisierend auf die Fachkräfte zugegriffen wird, und nicht etwa auf institutionelle Verfahrensweise. b) Verhältnisbestimmungen zwischen Familie und Kita werden insbesondere auf der Leitungsebene im Kontext des Sprechens über ‚Chancengleichheit’ vorgenommen. Dies geschieht zum Teil in Form von Dethematisierungen von Differenz, etwa in der Maßgabe, alle Kinder gleich zu behandeln. Vor allem aber wird die Notwendigkeit der Herstellung von Chancengleichheit vor dem Hintergrund bestehender Chancenungleichheiten formuliert. Dazu werden Kinder und Eltern entlang von Differenz- und sozialpädagogischen Kategorien als benachteiligt positioniert, wodurch Differenz- und Ungleichheitsverhältnisse aktualisiert werden. Dabei werden erstaunlicherweise auch neue Ungleichheiten etabliert: auch sozio-ökonomisch privilegierte Kinder können und werden aufgrund nicht kindgerechter Förderpraktiken der Eltern als benachteiligt positioniert. Kompensatorische Maßnahmen, die zur Förderung der Kinder formuliert werden, sehen häufig auch eine direkte pädagogische Zuwendung zu den Eltern vor. Über die Ausweitung des Chancengleichheitsdiskurses auch auf sozioökonomisch privilegierte Kinder werden zudem grundsätzlich alle Familien potenziell pädagogisch behandlungsbedürftig. Damit nimmt auch das bildungspolitische Anliegen, durch frühkindliche Bildung mehr Chancengleichheit zu schaffen, eine unerwartete Wendung.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2019) Steuerung im Elementarbereich – Qualitätssicherung und -entwicklung aus Sicht von Trägern. Diskurs (Diskurs Kindheits- und Jugendforschung / Discourse Journal of Childhood and Adolescence Research) 14 (2) 15-16
    Mader, Marius; Menz, Margarete
    (Siehe online unter https://doi.org/10.3224/diskurs.v14i2.07)
  • (2018): Kindheiten zwischen Familie und Kindertagesstätte. Differenzdiskurse und Positionierungen von Eltern und pädagogischen Fachkräften. Wiesbaden
    Thon, Christine/Menz, Margarete/Mai, Miriam/Abdessadok, Luisa (Hg.)
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1007/978-3-658-19451-2)
  • (2020): Kindertagesstätten. In: Otto, Hans-Uwe/Coelen, Thomas/Bollweg, Petra/Buchna, Jennifer: Handbuch Ganztagsbildung. 2. Aufl. Wiesbaden: Springer VS, pp 837-848
    Menz, Margarete
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1007/978-3-658-23230-6_62)
  • Hegemonie. In: Truschkat, Inga/Bormann, Inka (Hg.): Einführung in die erziehungswissenschaftliche Diskursforschung. Weinheim 2020, S. 63-73
    Thon, Christine
 
 

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