Detailseite
Projekt Druckansicht

P3, Entscheidung und Gestaltkreis: Zum Verständnis der Funktion der P3b-Komponente des ereignisbezogenen EEG-Potentials als Brücke zwischen Wahrnehmung und Handlung

Antragsteller Professor Dr. Rolf Verleger (†)
Fachliche Zuordnung Allgemeine, Kognitive und Mathematische Psychologie
Förderung Förderung von 2014 bis 2018
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 250692089
 
Erstellungsjahr 2018

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Bedeutsame Ereignisse lösen in der von der Kopfhaut abgeleiteten Hirnstromkurve (EEG) menschlicher Versuchspersonen einen auffälligen Ausschlag positiver Polarität aus. Dies ist der sog. P3-Komplex, mit der P3b-Komponente als Hauptbestandteil. Jedoch ist auch nach Hunderten von Studien die psychologische Funktion dieser Spannungsänderung in der Großhirnrinde nicht gut verstanden. Die klassischen Annahmen sind, dass die P3b Neustrukturierung des Arbeitsgedächtnisses ausdrückt und da sie nur von Parametern der Wahrnehmung, nicht der Reaktion, beeinflusst wird. Diese Annahmen sind seit langem falsifiziert, jedoch nicht durch bessere Vorschläge ersetzt. Eine aktuelle Meinung besagt, dass die P3b mit dem Entscheidungsprozess zusammenhängt darüber, was mit einem wahrgenommenen Reiz zu tun ist. Was aber genau dieser Zusammenhang ist, blieb bislang unklar. Das Projekt sollte hier weiterführen, mit der Arbeitshypothese: Die P3b zeigt Aktivierung einer vorhandenen Reiz-Reaktions-Verbindung an (z.B. bei Reiz X rechte Taste drücken, also X -> rechts). Sie ist um so größer, je fester diese Reiz-Reaktions-Verbindung ist und je weniger diese aktuell gebahnt war. In 15 Experimenten konnten wir Belege für die folgenden Thesen beibringen und damit die Arbeitshypothese untermauern. 1) Die P3b verschwindet weitgehend, wenn die Information fehlt, wie auf den Stimulus zu reagieren ist. 2) Die Zeitverhältnisse zwischen P3b und Reaktion auf Ereignisse sind damit vereinbar, dass die P3b einen Prozess widerspiegelt, der zur Reaktion führt. 3) Auch die P3b auf zu erratende Ereignisse (obwohl auf diese Reize nicht reagiert werden muss – in einem solchen Paradigma wurde aber die P3 erstmals beschrieben) kann als Aktivierung einer festen Reiz-Reaktions-Verbindung interpretiert werden. Methodischen Fortschritt erzielte das Projekt in der Anwendung von Residue Iteration Decomposition (RIDE), ein von Hongkonger Physikern, in Zusammenarbeit mit Werner Sommer (Psychologie, HU Berlin), entwickeltes auf EEG-Potentiale maßgeschneidertes Verfahren zur unabhängigen Schätzung von rein reizbezogenen, rein reaktionsbezogenen und von weder-noch (oder sowohl-als-auch) Komponenten wie eben der P3b. Mit dem Verständnis der P3b hoffen wir, nicht nur diese Komponente, sondern auch die sich darin vermutlich ausdrückende kognitive Integrationsfunktion zwischen Wahrnehmung und Handlung besser verständlich zu machen.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung