Chalkogenirane und Chalkogenirene der S- und Se-Reihe - die Folgechemie von Chalkogeniranium- und Chalkogenireniumsalzen
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Auf der Basis der von mir entwickelten Synthesen von Seleniranium- und Telluriraniumsalzen sollten in diesem Projekt die bisher unbekannten instabilen Dreiringmoleküle Selenirane und Thiirene erstmals dargestellt werden. Die Idee war, solche Seleniranium- bzw. Thiireniumsalze mit sperrigen Resten zur sterischen Abschirmung der Dreiringe darzustellen, die am positiv geladenen Selen- oder Schwefelatom eine Schutzgruppe wie den NCCH2CH2- oder Me3SiCH2CH2-Rest tragen und nach deren Abspaltung mit Basen wie OH– bzw. dem F–-Ion die gesuchten Selenirane bzw. Thiirene geben. An das sehr sperrige Olefin Bis(adamantyliden), Ad=Ad, wurden NCCH2CH2S+ X–- oder Me3SiCH2CH2S+ X–-Äquivalente addiert und so die Thiiraniumsalze vom Typ [Ad2SCH2CH2CN]+ X– bzw. [Ad2SCH2CH2SiMe3]+ X– synthetisiert. Es kommen die von mir entwickelten Reagentien wie XeF2/Tf2NSiMe3 oder XeF2/BF3·OEt2 zur doppelten Oxidation der Disulfide (NCCH2CH2S)2 und (Me3SiCH2CH2S)2 zur Anwendung aber auch die Kombination Disulfid/SO2Cl2/SbCl5. Die Salze [Ad2SCH2CH2SiMe3]+ X– regieren mit F– tatsächlich zum Thiiran Ad2S, während die [Ad2SCH2CH2CN]+ X– mit OH– kaum oder kein Ad2S geben. Auch ein Eintopfverfahren ist möglich: Synthese von [Ad2SCH2CH2SiMe3]+ X– und ohne dessen Isolation Reaktion mit Bu4NF zum Ad2S. Seleniraniumsalze des Typs [Ad2SeCH2CH2CN]+ X– und [Ad2SeCH2CH2SiMe3]+ X– wurden analog aus Ad=Ad, (NCCH2CH2Se)2 oder (Me3SiCH2CH2Se)2 und XeF2/Tf2NSiMe3 oder XeF2/BF3·OEt2 bzw. SO2Cl2/SbCl5 synthetisiert. Die [Ad2SeCH2CH2SiMe3]+ X– sind bei Raumtemperatur instabil, die stabileren [Ad2SeCH2CH2SiMe2tBu]+ X– wurden synthetisiert und charakterisiert.
Die Reaktion der [Ad2SeCH2CH2SiMe3]+ X– mit Bu4NF bei tiefer Temperatur gibt leider nicht das gesuchte Seleniran Ad2Se, sondern es tritt, anders als bei den S-Verbindungen, Spaltung zum Ad=Ad und dem Diselenid (Me3SiCH2CH2Se)2 ein.
Di-adamantyl-acetylen, Ad-C≡C-Ad, gibt mit (Me3SiCH2CH2S)2 bzw. (tBuMe2SiCH2CH2S)2 und XeF2/Tf2NSiMe3 die Thiireniumsalze [Ad2C2SCH2CH2SiR3]+ Tf2N–. Die Entschützung von [Ad2C2SCH2CH2SiMe3]+ Tf2N– mit Bu4NF zum gesuchten Thiiren Ad2C2S gelingt ebenfalls nicht, es wird nur das Acetylen Ad-C≡C-Ad nachgewiesen.
Im zweiten Schwerpunkt des Projekts wurden trans-Cycloalkene synthetisiert, die den Strukturteil (E)-X-C=C-SeR* mit chiralem Rest R* am Selen und X=H, F, Cl, Br, I, Me, Et, und CF3 enthalten. Die Ringgröße variiert, je nach X, von 9 bis 20. Diese Cyclen wurden bei variabler Temperatur im Bereich von –110 bis 140°C 13C-NMR-spektroskopisch hinsichtlich ihrer Enantiomerisierungsdynamik untersucht. Das Durchdrehen der planaren X-C=C-Einheit durch den CH2-Henkel der Moleküle entspricht einer Enantiomerisierung der trans-Cycloalkene. Die chirale Gruppe R* macht diesen Prozess beobachtbar, da zwei Diastereomere mit unterschiedlichen 13C-Signalen vorliegen, die bei steigender Temperatur koaleszieren oder verschmolzene Signale spalten bei Abkühlung auf. Die so ermittelten Werte für die Freie Aktivierungsenthalpie bei der Koaleszenztemperatur ∆G#c erlaubt Aussagen zur Hohlraumgröße der Cyclen im Übergangszustand des Durchdrehens bzw. zum sterischen Raumbedarf der Gruppen X. Für die untersuchten X wurde die Reihe mit zunehmendem Raumbedarf ermittelt: HProjektbezogene Publikationen (Auswahl)
Poleschner, Helmut; Seppelt, Konrad
(Siehe online unter
https://doi.org/10.1002/chem.201804307)