Systematische Prognose der menschlichen Zuverlässigkeit bei manuellen Montagetätigkeiten der Serienfertigung (PZM)
Arbeitswissenschaft, Ergonomie, Mensch-Maschine-Systeme
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Gegenstand des Forschungsprojektes war die Entwicklung einer auf dem Expertensystem zur Aufgabentaxonomie (ESAT) aufbauenden, prozessorientierten Montageplanungsmethode, die es dem Montageplaner ermöglicht, menschliche Fehlbehandlungswahrscheinlichkeiten für manuelle Montagetätigkeiten der Serienfertigung in Form von systematisch ermittelten, reproduzierbaren Fehlerwahrscheinlichkeitswerten vorherzusagen. Den Ausgangspunkt der Methodenentwicklung stellten hierbei die Ergebnisse des DFG-geförderten Vorgängerprojektes MTQM dar, in dem die Eignung des ESAT-Verfahrens als Prognoseinstrument zur Ableitung qualitativ korrekter Risikovorhersagen in der manuellen Montage belegt werden konnte. Einer vollständigen Verfahrensadaption, die dem Montageplaner die Möglichkeit eröffnet, auch quantitativ richtige Fehlerwahrscheinlichkeitswerte zu ermitteln, standen bisher jedoch mehrere systembedingte Verfahrensdefizite (z.B. Ergebnisverzerrung durch unpassende Standardbegriffe, Mindestfehlerquotenrestriktion des Berechnungsmodells, aus der Kerntechnik stammende Vorgewichte, etc.) entgegen. Im Forschungsvorhaben PZM wurden für mehrere Verfahrensdefizite praktikable Lösungsvorschläge erarbeitet und umgesetzt, wodurch die aufgezeigten Schwachstellen Schritt für Schritt behoben werden. Dadurch entstanden im Ergebnis mehrere Module zur Erstellung einer in ihren Grundzügen auf dem ESAT-Verfahren basierenden, jedoch speziell für das Anwendungsgebiet der industriellen Montage konzipierten Methode zur Bewertung der menschlichen Zuverlässigkeit bei der Ausführung von manuellen Montagetätigkeiten. Wesentliche, für die konzipierte Methode benötigte Elemente, stellten die Definition von montagespezifischen Standardbegriffen, die Entwicklung von montagespezifischen Zeit- und Vorgewichtswerten, die Definition eines montagespezifischen Belastungsvektors und ein auf die niedrigen Fehlerraten von manuellen Montagetätigkeiten der Serienfertigung adaptiertes, montagespezifisches Berechnungsmodell, dar. Nach Abschluss der Forschungsarbeiten zur Entwicklung der benötigten Teilmodule wurde die hierbei erzielten Ergebnisse zu einer montagespezifischen HRA-Methode zusammengefasst und in Zusammenarbeit mit den Industriepartnern des Forschungsprojektes (u.a. Volkswagen AG, Vaillant Group) für die Zuverlässigkeitsanalyse dort existierender, risikokritischer manueller Montagetätigkeiten eingesetzt. Durch die Methodenanwendung konnte das Fehlbehandlungsrisiko der untersuchten Montagestationen sowohl qualitativ als auch quantitativ treffsicher vorhergesagt werden. Somit können die Anwender die entwickelte Montageplanungsmethode perspektivisch nun auch proaktiv einsetzen, kritische Prozessschritte zukünftig bereits bei der Planung von manuellen Montagetätigkeiten identifizieren und schließlich den unter Zeit- und Risikoaspekten optimalen Montageprozess im betrieblichen Umfeld realisieren. Die Berechnung von Risikoprognosen mit der entwickelten PZM-Methode erfolgt Excel-basiert, die für die Risikoquantifizierung benötigten Eingangsgrößen (Aufgabenbeschreibung, Zeitwerte, montagespezifische Vorgewichte, etc.) müssen teilweise jedoch noch händisch ermittelt werden. Demzufolge verlangt die Durchführung der PZM-Methode gegenwärtig neben einem hohen Zeitbedarf insbesondere ein fundiertes Methodenwissen über HRA- und SvZ-Verfahren. Daher wird die entwickelte Montageplanungsmethode im Rahmen eines AiF-Projektes gegenwärtig inklusive des benötigten Methodenwissens in ein Softwaretool überführt, mit dem die Risikoanalysen zur Bewertung des menschlichen Fehlverhaltens in der manuellen Montage zukünftig automatisiert durchgeführt werden können. Als ein wesentliches Projektergebnis konnte die Eignung der entwickelten Montageplanungsmethode als Prognoseinstrument zur Ableitung qualitativ und quantitativ treffsicherer Risikoanalysen in der manuellen Montage belegt werden. Der diesbezügliche Nachweis erfolgte anhand der Methodenanwendungen bei den Projektpartnern des Forschungsvorhabens. Um die Zuverlässigkeit der PZM-Methode unter verschiedensten Anwendungsszenarien umfassend untersuchen und validieren zu können, bedarf es zukünftig jedoch weiterer Forschungsarbeit. Diesbezüglich gilt es, neben einer Verbreiterung der Datenbasis, im Rahmen der Grundlagenforschung ergänzend eine allgemeingültige Validierungsleitlinie zu erarbeiten, die die notwendigen Voraussetzungen, die Vorgehensweise und den für die Validierung von methodengestützten Analysen zur Optimierung von Produktionsabläufen erforderlichen Validierungsumfang festlegt. Die erzielten Ergebnisse können anschließend in einer fachspezifischen Norm umgesetzt werden.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- Optimization of manual assembly operations by evaluating human error probabilities. In: Proceedings of the 2014 International Conference on Production Research – Africa, Europe and Middle East, 3rd International Conference on Quality and Innovation in Engineering and Management, Cluj-Napoca/Romania, 01.07.2014 - 05.07.2014
Refflinghaus, R.; Kern, C.
- Prospektive Ermittlung und Reduzierung potenzieller Fehler für manuelle Montagelinien. In: Gröger, S., Eiselt, T., Schuldt, J. (Hrsg.), Qualitätsmanagement denken - motivieren - leben, Tagungsband zur GQW-Tagung 2014, Berichte zum Qualitätsmanagement, Shaker Verlag, Aachen 2014
Refflinghaus, R.; Kern, C.; Bossmann, E.; Bittmann, T.
- Assembly-specific database for predicting human reliability in assembly operations. In: Total Quality Management & Business Excellence, Volume 26, Number 10, Taylor & Francis, ISSN: 1478-3363
Refflinghaus, R.; Kern, C.
(Siehe online unter https://doi.org/10.1080/14783363.2015.1068589) - Expert System for evaluating human reliability in manual assembly operations. In: Preceedings of the 18th International Conference on Quality and Service Science (Toulon-Verona-Conference), Palermo/Italy, 31.08.2015 - 01.09.2015
Refflinghaus, R.; Kern, C.