Detailseite
Projekt Druckansicht

Evolution von Photorezeptoren bei Deuterostomia - neue Erkenntnisse durch Untersuchungen an Echinodermen und Enteropneusten

Antragsteller Professor Dr. Carsten Lüter, seit 3/2018
Fachliche Zuordnung Systematik und Morphologie der Tiere
Förderung Förderung von 2014 bis 2020
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 251841938
 
Erstellungsjahr 2020

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Im Rahmen der durchgeführten Untersuchung konnten neue Erkenntnisse zu r-Opsin und c- Opsin positiven Photorezeptoren über ein breites Taxon Sampling von Stachelhäutern und Enteropneusten gewonnen werden. Strukturelle und molekulare Untersuchungen erlaubten uns dabei uns ein erstes Grundmuster der hypothetisierten visuellen Photorezeptoren für eine Teilgruppe der Seeigel (Camarodonta) zu rekonstruieren, und über diese Gruppe hinaus eine große Diversität innerhalb verschiedener Seeigel, Schlangenstern-, Seestern-, Haarstern- und Seegurkenarten zu dokumentieren. Die Charakterisierung von Photorezeptoren bei Enteropneusten war entgegen der Ergebnisse der Voruntersuchungen (u.a. mangelnde Spezifizität zur Verfügung stehender Antikörper, mangelnde Spezifizität bestehender in situ- Protokolle) im Rahmen des durchgeführten Projektes nicht möglich. Über Genom- und Transkriptomanalysen wurden 119 Ambulacraria-Opsinsequenzen identifiziert, darunter 22 bis dahin unbekannte Sequenzen aus Hemichordaten und 97 aus Echinodermen. Die Ergebnisse brachten den Nachweis für das Vorhandensein aller großen Bilateria-Opsingruppen an der Basis der Ambulacraria. Apomorph für die Echinodermata wurden zwei neue Opsingruppen identifiziert. Transkriptomanalysen verschiedener Gewebe des Dornenkronenseesternes zeigten im Folgenden signifikant höhere Expression eines rhabdomerischen Opsins innerhalb der Augenorgane, was die Hypothese einer generellen visuellen Funktion r-Opsin exprimierender Photorezeptoren innerhalb der Echinodermata unterstützt. Der Transkriptionsfaktor pou4f2 - in Wirbeltieren essentiell beteiligt an der Entwicklung retinaler (r-Opsin positiver) Ganglionzellen - konnte im Gewebekontext mit Seeigelphotorezeptoren in den Ambulakralfüßchen nachgewiesen werden. Das Seeigelortholog Sp-pou4f2 war zudem in der Lage, in pou4f2-losen Mäusen dieses funktionell zu ersetzen; ein starker Indikator einer gemeinsamen Zellstammlinie für r-Opsin-positive Photorezeptoren in Wirbeltieren und Seeigeln. Die vielleicht überraschendste Erkenntnis innerhalb des Projektes bildete der erste Nachweis von Photorezeptoren im Schlangenstern Ophiocoma wendtii. Für diesen war in einer Nature-Publikation ein System von „Microlinsen“ als Fokussierungsapparat des visuellen Systems postuliert worden, allerdings ohne die dazugehörigen Photorezeptoren dokumentieren zu können. Morphologische, molekulare und verhaltensbiologische Versuche an mehreren Schlangensternen der Gattung Ophiocoma, zeigten ein über den gesamten Körper der Tiere verteiltes Photorezeptorsystem, das unseren Erkenntnissen nach über einen Kontraktionsmechanismus der Chromophoren funktioniert und den Tieren dadurch räumliches Sehen ermöglicht. Im Verlauf des Projektes konnten drei der ursprünglichen Projektziele erfolgreich bearbeitet werden. Durch die rasanten Entwicklungen im Bereich des Genome-Editing im Verlauf des Projektes hat sich der ursprünglich geplante Einsatz der Zink-Finger-Nuclease Strategie als nicht erfolgversprechend herausgestellt. Gemeinsam mit der Kooperationspartnerin M. I. Arnone erfolgte deshalb ein Umschwenken auf den Einsatz von CRISPR/Cas9. Zu dessen Einsatz konnten jedoch im Projektzeitraum nur Vorversuche stattfinden, deren Ergebnisse u.a. die Basis eines in 2019 bewilligten Human Frontier Science Program-Projektes bilden („Studying sea urchin dermal photoreception to unravel principles of decentralized spherical vision“). Insbesondere die 2018 und 2020 publizierten Artikel zum visuellen System von Schlangensternen in Proceedings of the Royal Society B und Current Biology generierten darüber hinaus auch ein internationales Presseecho u.a. mit Besprechungen in Nature, Scientific American und Spiegel online.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2014): High opsin diversity in a non-visual infaunal brittle star. BMC Genomics 15, 1035
    Delroisse, J.; Ullrich-Lüter, E.; Ortega-Martinez, O.; Dupont, S.; Arnone, M.I.; Mallefet J. & Flammang, P.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1186/1471-2164-15-1035)
  • (2015): Opsin evolution in the Ambulacraria. Marine Genomics 24 (2), 177-183
    D´Aniello, S.; Delroisse J.;, Valero-Gracia, A.; Lowe, E. K.; Byrne, M.; Cannon, J. T.; Halanych, K. M.; Elphrick, M. R.; Mallefet, J.; Kaul-Strehlow, S.; Lowe, C. J.; Flammang, P.; Ullrich-Lüter, E., Wanninger, A. & Arnone, M.I.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.margen.2015.10.001)
  • (2015): Structure and ultrastructure of eyes of tornaria larvae of Glossobalanus marginatus. Organism, Diversity & Evolution 15, 423-428
    Braun, K.; Kaul-Strehlow, S.; Ullrich-Lüter, E. & Stach, T.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1007/s13127-015-0206-x)
  • (2016): Substituting mouse transcription factor Pou4f2 with a sea urchin orthologue restores retinal ganglion cell development. Proceedings of the Royal Society B 283, 20152978
    Mao, C.- A.; Agca, C.; Mocko-Strand, J. A.; Wang, J.; Ullrich-Lüter, E.; Pan, P.; Wang, S. W.; Arnone, M. I.; Frishman, L. J. & Klein, W. H.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1098/rspb.2015.2978)
  • (2017): A puzzling homology: a brittle star using a putative cnidarian-type luciferase for bioluminescence. Open Biology - The Royal Society Publishing 7, 160300
    Delroisse, J.; Ullrich-Lüter, E.; Blaue, S.; Ortega-Martinez, O.; Eeckhaut, I.; Flammang, P. & Mallefet J.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1098/rsob.160300)
  • (2017): Fine structure of the luminous spines and luciferase detection in the brittle star Amphiura filiformis. Zoologischer Anzeiger - A Journal of Comparative Zoology 269, 1-12
    Delroisse, J.; Ullrich-Lüter, E.; Blaue, S.; Eeckhaut, I.; Flammang, P. & Mallefet J.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.jcz.2017.05.001)
  • (2018): The crowns have eyes: multiple opsins found in the eyes of the crown-of-thorns starfish Acanthaster planci. BMC Evolutionary Biology 18, 168
    Lowe, E.K.; Garm, A. L.; Ullrich-Lüter, E.; Cuomo, C. & Arnone, M. I.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1186/s12862-018-1276-0)
  • (2018): Whole-body photoreceptor networks are independent of ‚lenses' in brittle stars. Proceedings of the Royal Society B 285, 20172590
    Sumner-Rooney, L.; Rahman, I. A.; Sigwart, J. D. & Ullrich-Lüter, E.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1098/rspb.2017.2590)
  • (2020): Extraocular vision in a brittle star is mediated by chromatophore movement in response to ambient light. Current Biology 30, R71-R73
    Sumner-Rooney, L.; Kirwan, J. D.; Lowe, E. & Ullrich-Lüter, E.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.cub.2019.11.042)
 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung