Detailseite
Projekt Druckansicht

Flüssig-kondensierte Mineralphasen und der Mechanismus des PILP-Prozesses: ein vielversprechender morphosynthetischer Weg für die Synthese von Nanokompositmaterialien

Fachliche Zuordnung Herstellung und Eigenschaften von Funktionsmaterialien
Förderung Förderung von 2014 bis 2022
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 251939425
 
Erstellungsjahr 2023

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Unter bestimmten Umständen können sich in Lösungen anorganischer Feststoffe flüssige Mineralvorläufer bilden, so zum Beispiel in Lösungen von Calciumcarbonat (d. h. Kreide, also in hartem Wasser). Dieses Phänomen stellt unser Verständnis der Mineralbildung auf die Probe, da die bisherigen Standardkonzepte die sofortige Bildung eines Feststoffs erwarten. Vor allem unter biomimetischen Bedingungen wird dieses Phänomen als sogenannter "polymer-induced liquid-precursor"-Prozess (PILP) häufig beobachtet, also beim Zusatz von Polymeren, die Biomineralisationsproteine imitieren (also Proteine, die in der Bildung von Muscheln, Korallen oder Knochen involviert sind). Eine mechanistische Aufklärung solcher flüssig/flüssig-Phasentrennungsprozesse anorganischer Systeme ist dringend erforderlich, um unser Verständnis für biologisch kontrollierte Mineralisierungsprozesse zu verbessern und deren unerschlossenes Potenzial für die bioinspirierte Materialsynthese zu nutzen. Bislang, also bis zum Abschluss dieses Projekts, blieben die zugrunde liegenden physikochemischen Prinzipien dieser Prozesse umstritten. Im Rahmen dieses Projekts stellte sich heraus, dass die Bildung von flüssigen Mineralphasen auf der spontanen Bildung von Koordinationsverbindungen in der Mutterlösung beruht. Bislang wurde die Bildung bzw. die Fähigkeit dieser Verbindungen zur Phasenseparation generell übersehen oder, wie im Falle des Calciumcarbonats, konzeptionell als Pränukleationscluster umgedeutet. Die Ergebnisse dieses Projekts heben erstmals hervor, dass diese sich spontan bildenden Koordinationsverbindungen - da sie chemisch gesehen nichts anderes als Moleküle sind - eine Phasentrennung durchlaufen können. Die Ergebnisse zeigen, dass der PILP-Prozess durch polymergesteuerte Selbstorganisation von solchen Koordinationspolymeren angetrieben wird. Diese Ergebnisse werden auch unser Verständnis dafür verbessern, wie Organismen die Biosynthese von Biomineralen so präzise kontrollieren können, d.h., wenn sie Muscheln, Korallen oder sogar Knochen oder Zähne ausbilden. Zudem wird eine Klasse von biomimetischen Materialien zugänglich, in denen organische und anorganische Komponenten in einer nanogranularen Ultrastruktur verbunden sind und dadurch die Materialeigenschaften außerordentlich beeinflussen und funktional verbessern können (z. B. durch Selbstheilung oder gesteigerte Risszähigkeit). Das Projekt hat konzeptionelle Grenze verschoben, indem es aufzeigte, dass diese Koordinationseinheiten unter geeigneter Reaktionskontrolle sogar spinodal entmischen können, ein Mechanismus, der bisher nur für Legierungen oder Gläser gut zugänglich war. Die Machbarkeit einer solchen spinodalen Entmischung selbst in wässrigen Systemen widerlegt nicht nur Aussagen in Lehrbüchern, sondern die experimentell leichte Zugänglichkeit der dazugehörigen schwammartigen Nanostrukturen eröffnet einen neuen, grünen Syntheseweg zu Materialien mit großen Oberflächen.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung