Detailseite
Projekt Druckansicht

Die globalisierte Peripherie: Atlantikhandel, sozioökonomischer und kultureller Wandel in Mitteleuropa (ca. 1670 bis 1850)

Fachliche Zuordnung Wirtschafts- und Sozialgeschichte
Förderung Förderung von 2014 bis 2019
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 251981575
 
Die Beziehung zwischen dem frühneuzeitlichen Zentraleuropa (breit definiert als die Territorien des Heiligen Römischen Reiches) und der atlantischen Welt wurden bisher in der Forschung zur Atlantic History weitgehend ignoriert. Dieses Projekt untersucht die Integration scheinbar isolierter Peripherien in globale Märkte anhand - des Exports zentraleuropäischer Erzeugnisse für den Ankauf afrikanischer Sklaven sowie Konsum in der Neuen Welt, - des Imports afrikanischer und amerikanischer Produkte und deren Auswirkungen auf materielle Kultur und gesellschaftliches Gefüge im Reich. Diese Themen sollen anhand von drei zusammenhängenden Teilprojekten zum langen 18. Jahrhundert analysiert werden, in dem sowohl der transatlantische Sklavenhandel und die Plantagensysteme, als auch die europäischen Protoindustrien ihren Höhepunkt erreichten. Niedrige Löhne in Pommern, Schlesien, Galizien, etc. machten es möglich, Leinen aus dieser Region mit Baumwollstoffen aus Indien auf westeuropäischen, afrikanischen und amerikanischen Märkten konkurrenzfähig zu halten. Die Netzwerke schlesischer Leinenhändler, die zur Verbreitung ihrer Waren Kontakte in die Seehäfen Westeuropas knüpften, werden daher als eine Fallstudie innerhalb des Projekts dienen. Ein zweites Teilprojekt beschäftigt sich mit zentraleuropäischen Waren, die über Frankreich und Portugal nach Afrika geliefert wurden, wo die differenzierte Nachfrage wiederum die Produktion in Zentraleuropa stimulierte. Dieser Teil des Vorhabens wird die zentraleuropäischen Interessen im Sklavenhandel sichtbar machen und auch hugenottische und sephardische Händlernetzwerke im Blick behalten. Das dritte Teilprojekt untersucht die Wirkungen des immer breiteren Konsums atlantischer Produkte auf gesellschaftliche Transformationen (wie etwa die Entstehung von middling sorts), mit Blick auch auf weniger bekannte Waren. Die Integration europäischer Peripherien in globale Märkte sowie das demographische Wachstum, das durch zusätzliches Einkommen aus proto-industrieller Beschäftigung möglich wurde, legen eine arbeitsintensive Entwicklung in Zentraleuropa nahe, im Gegensatz zur kapitalintensiven, die doch als europäisches Charakteristikum gilt. Indem diese Hypothese die verbreitete Dichotomie zwischen Asien und Europa anhand zentraleuropäischer Beispiele hinterfragt, trägt sie zu aktuellen Debatten über die unterschiedlichen Pfade zur Industrialisierung bei. Das 3-jährige Projekt ist an der Europa-Universität Viadrina angesiedelt, die 1992 an der deutsch-polnischen Grenze als Brückeninstitution zwischen Ost und West gegründet wurde - der ideale Ort für die Arbeit an einem Forschungsdefizit, das wesentlich einer aus dem Kalten Krieg stammenden Vorstellung von Atlantic History geschuldet ist.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung