Entwicklung eines internationalen Fragebogenmoduls zu den moralpolitischen Grenzfragen des Lebens (z.B. Sterbehilfe, künstliche Befruchtung)
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das Netzwerk hat moralpolitische Grenzfragen des Lebens sowie Glaubensformen und Werte erörtert. Dabei ging es darum von der ethischen Diskussion zu einer sozialwissenschaftlichen Messung und Erklärung von Einstellungen zum "Anfang" und "Ende" des Lebens in West‐ und Osteuropa zu gelangen, gemeint sind hier Geburt und Tod. Erstmals wurden innerhalb eines einheitlichen soziologischen Rahmens individuelle Einstellungen zu sogenannten "beginning‐of‐life issues" (dabei insbesondere Aspekte der "assisted reproduction" wie In‐Vitro‐Fertilisation) und "end‐of‐life issues" (dabei insbesondere Aspekte des "assisted dying" wie aktive Sterbehilfe und assistierter Suizid) empirisch für die international vergleichende Umfrageforschung für die Messung vorbereitet. Im Rahmen des Netzwerks haben daher zehn deutsche und fünf weitere europäische ständige Mitglieder nach Beratungen mit zehn europäischen Gästen bei fünf Treffen über den Zeitraum von zwei Jahren eine Vorlage für ein internationales Fragebogenmodul zu den Grenzfragen des Lebens entwickelt, das im Jahr 2016 beim European Social Survey für die Erhebungsrunde 2018/19 eingereicht worden ist. Im Rahmen des Netzwerks wurde intensiver Austausch gepflegt und die Testung neuer Messinstrumente zu Grenzfragen des Lebens vorangetrieben. Die Neuentwicklung von Instrumenten geschah u.a. im Rahmen einer Implementation und Auswertung in Deutschland getester und von den Antragstellern entwickelter Fragen zu assistierter Reproduktion und assistiertem Sterben in einem Modul zum Russian Social Survey. Zudem wurden mit den Mitgliedern und eingeladenen Experten*innen während der Workshops intensive Diskussionen über die relevanten Forschungsfelder Religion, Werte, Einstellungsforschung, Beginning‐ und End‐of‐Life Issues geführt, um eine interdisziplinär abgesicherte Messung zu entwickeln. Um das übergeordnetet Ziel zu realisieren wurde für die kompetitive Ausschreibung des European Social Survey 2018/19 ein Fragebogemodul erstellt und begründet, das die Ergebnisse der Diskussionen des Wissenschaftlichen Netzwerks in eine in 30 Ländern durchgeführte bevölkerungsrepräsentative Befragung einfließen lassen sollte. Der Entwurf für den Antrag war in der ersten Auswahlrunde erfolgreich, wurde in der Schlussauswahl aber leider abgelehnt. Das ursprüngliche Ziel der Implementation der entwickelten Surveyfragen in einem größeren Vergleichskontext konnte somit in Konkurrenz zu einer (u.a. auch prominenter besetzen) Bewerber*innengruppe leider nicht realisiert werden. Daher fehlt hier eine Darstellung zu den Erträgen aus dieser Vergleichsperspektive. Im Rahmen des Netzwerks konnten allerdings durch die stark interdisziplinäre Zusammensetzung umfangreiche Vernetzungen von Wissensgebieten und Foscher*innen erzielt werden. Die häufig separat verhandelten Themenbereiche "beginning‐of‐life issues" ("assisted reproduction") und "end‐of‐life issues" ("assisted dying") konnten durch den konzeptionellen Rahmen der "Boundaries of Life" verknüpft werden, der auch den Titel des Fragebogenmoduls gebildet hat. Dieses Ausgangsanliegen der Integration zweier Wissensfelder wurde also erfolgreich in das gemeinsam entworfene Fragebogenmodul eingebracht. Es soll in weitere Publikationen einfließen. Da die Implementation des Fragebogens beim European Social Survey nicht bewilligt wurde, haben die Netzwerkmitglieder andere Wege gesucht weitere Daten zu generieren. Zuletzt hat Edurne Bartolome im Team mit Tilo Beckers, Maksim Rudnev, Pascal Siegers und Raül Tormos Folgeanträge in Spanien gestellt, so dass die entwickelten Fragen (nach Bewilligung eines Antrags im Mai 2020) in modifizierter Form nun an anderer Stelle zum Einsatz kommen. Nach erfolgreicher Implementation ist geplant eine modifizierte Version des Moduls auch in weiteren Ländern zu implementieren und dann auf breiterer Daenbasis zu erforschen.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- 2017: Religious Indifference and Religious Rites of Passage. Pp. 171‐192 in: Quack J., Schuh C. (Hrsg.) Religious Indifference. Springer, Cham
Siegers, Pascal
(Siehe online unter https://doi.org/10.1007/978-3-319-48476-1_9) - (2018): “Designing Response Scales with Multi‐Trait Multi‐Method Experiments”, Mathematical Population Studies 25 (2): 66‐81
Zavala, D., Tormos, Raul, Revilla, M., and Weber, W.
(Siehe online unter https://doi.org/10.1080/08898480.2018.1439241) - 2018: Public support for the right to euthanasia: Impact of traditional religiosity and autonomy values across 37 nations. International Journal of Comparative Sociology 59 (4), 301‐318
Rudnev, Maksim; Savelkaeva, A.
(Siehe online unter https://doi.org/10.1177/0020715218787582) - 2018: The existential dimension of religion. Pp. 103‐115 in: Schnabel, Annette, Reddig, Melanie, Winkel, Heidemarie (Hrsg.): Religion im Kontext | Religion in Context: Handbuch für Wissenschaft und Studium. Nomos
Beckers, Tilo
(Siehe online unter https://doi.org/10.5771/9783845276649-102) - 2019: Is the Influence of Religiosity on Attitudes and Behaviors Stronger in less Religious or more Religious Societies? A Review of Theories and Contradictory Evidence. KZfSS Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 71, 491–517
Siegers, Pascal
(Siehe online unter https://doi.org/10.1007/s11577-019-00610-0) - 2020: Discursive Strategies of Catholic Churches in Assisted Reproduction Technology Regulation: Poland and Spain in Comparison. Pp. 33‐60 in: Weiberg‐Salzmann M., Willems U. (eds) Religion and Biopolitics. Springer, Cham
Hennig, Anja
(Siehe online unter https://doi.org/10.1007/978‐3‐030‐14580‐4_2)