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Zwischen historischer Distanz und inszenierter Präsenz: die Verschränkung von 'Geschichte' und zeitgenössischer Wirklichkeit in epischen Texten der italienischen Renaissance.

Fachliche Zuordnung Europäische und Amerikanische Literatur- und Kulturwissenschaften
Förderung Förderung von 2014 bis 2022
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 253375654
 
In Ariosts Orlando furioso erscheint die Erzählweise des entrelacement als epistemologische Metapher einer kontingenten geschichtlichen Welt, die keiner ihr inhärenten Logik unterworfen ist. Einzig der Dichter, der von dieser Welt erzählt, kann ihr jene Ordnung verleihen, die von teleologischen Geschichtskonstruktionen immer schon vorausgesetzt wird. An diesen Befund und andere Resultate einer ersten Projektphase anschließend, wird im Nachfolgeprojekt gefragt, ob und inwieweit die komplexen Möglichkeiten, die Ariost dem Erzählen erschlossen hat, in der nachfolgenden Epik vor Tasso aufgegriffen, eventuell poetologisch kodifiziert oder aber wieder preisgegeben werden. Zu berücksichtigen sind dabei religiöse und poetologische Restriktionen, die für Ariost noch nicht im selben Maße galten. Im Zentrum der Untersuchung werden erneut das entrelacement bzw. alternative Formen mehrsträngigen und digressiven Erzählens stehen. In diesem Zusammenhang soll ein theoretischer Rahmen erarbeitet werden, der zum einen Differenzierungen des Konzepts ‚Mehrsträngigkeit’ vorsieht, das von der Narratologie bislang weitgehend vernachlässigt wurde. Zum anderen soll mehrsträngiges Erzählen mit der Digression als einem für die Epoche charakteristischen epistemologischen und methodologischen Habitus in Beziehung gesetzt werden, der auch einzelnen Genera des theoretischen oder argumentativen Diskurses seinen Stempel aufdrückt, namentlich dem Dialog und dem Essay Montaigne’scher Observanz. Vor diesem Hintergrund soll einerseits der zeitgenössischen kontroversen Thematisierung erzählerischer varietà im Kontext des ‚Romanzostreits’ nachgegangen werden; im Licht der zuvor genannten theoretischen Erkundungen sind hier Ergebnisse zu erwarten, die über die vorliegende Forschung hinausgehen. Andererseits und vor allem geht es um die Erzählpraxis nach Ariost, die insgesamt bislang nur wenig Aufmerksamkeit gefunden hat. An einem umfangreichen Korpus von heute zumeist kaum noch bekannten Epen soll untersucht werden, ob und in welcher Weise sie mehrsträngiges Erzählen und entsprechend komplexe Erzählwelten realisieren und auf welche epistemologischen Dispositionen und ‚weltanschaulichen’ Prämissen die Präferenz für ein solches Erzählen bzw. die Distanzierung von ihm verweist.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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