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Räumliche und zeitliche Präzision bei der Stimulusrepräsentation und Prozessierung in einem hochgradig fehlorganisierten kortikalen Areal
Antragsteller
Professor Dr. Jochen Ferdinand Staiger
Fachliche Zuordnung
Kognitive, systemische und Verhaltensneurobiologie
Molekulare Biologie und Physiologie von Nerven- und Gliazellen
Molekulare Biologie und Physiologie von Nerven- und Gliazellen
Förderung
Förderung von 2014 bis 2023
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 253831509
Eines der herausragenden strukturellen Merkmale des Neokortex ist seine Organisation in sechs distinkte Schichten, die –durch spezifische Zelltypen gebildet– eine spezifische Input-Output-Beziehung prägen. Es wird angenommen, dass das daraus resultierende Verschaltungsmuster die kortikale Funktion stark beeinflusst, wenn nicht sogar bedingt. Es ist jedoch unklar, und war bislang unmöglich zu untersuchen, ob kortikale Schichten tatsächlich notwendig, oder sogar hinreichend sind, um eine regelrechte kortikale Funktion zu gewährleisten. Hier schlagen wir nun die Nutzung eines Experiments der Natur vor, nämlich die Mutation des Reelingens wie sie in der Reelermausmutante gefunden wird, um den Einfluss einer korrekten Schichtenbildung auf kortikale Verschaltung und Funktion zu untersuchen. An die Hauptthemen der vergangenen Förderperiode anzuknüpfend, welche die sensorische Stimulusrepräsentation und Prozessierung umfassten, erweitern wir hier unser Arbeitsprogramm auf identifizierte erregende und hemmende Neurone sowie beidseitige Tastreizintegration vermittels interhemisphärischer Interaktionen. In sorgfältig geplanten Experimenten, durch die eine Vielzahl von neuen Einsichten in das Reelergehirn genauso wie in das von Wildtypmäusen gewonnen werden kann, wollen wir folgende Fragen beantworten: (i) Wie integrieren sich GABAerge Neurone in die (stark desorganisierten) kortikalen Schaltkreise des (Reeler) somatosensorischen Kortex. (ii) Wie wirkt sich die beidseitige Aufnahme von Tastreizen durch die Vibrissen auf die Integration sensorischer Information in definierten kortikalen Kolumnen aus? (iii) Was sind die Schaltkreismechanismen, die diese beidseitige Integration von sensorischer Information vermitteln? Zur Beantwortung dieser Fragen werden wir eine Vielzahl modernster Techniken benutzen, wie zum Beispiel Zweiphotonenmikroskopie-unterstützte Visualisierung und Ganzzellableitung von identifizierten Neuronen in vivo, Kreuzung der Reelermutante mit transgenen Mauslinien, in vitro Optogenetik in Kombination mit zweifach Patch clamp Ableitungen und Pharmakologie sowie aussagekräftige morphologische Charakterisierung aller abgeleiteter Neurone. Auf diese Weise werden wir eine erste Vorstellung davon bekommen, wie sich inhibitorische Neurone, die aus dem ventralen Telenzephalon stammen, in einen hochgradig desorganisierten Kortex integrieren. Wir werden beginnen, die Grundlagen interhemisphärischer Integration von Sinnesreizen, die von Vibrissen auf beiden Seiten der Schnauze aufgenommen worden sind, über das Corpus callosum zu verstehen, ein Schlüsselprozess der taktilen Objektidentifikation. Wir werden auch die Zelltypspezifität der über das Corpus callosum kommunizierenden Schaltkreise dissezieren. Wir sind zuversichtlich, dass sich durch den durchgängigen Vergleich des hochgradig fehlorganisierten Kortex mit dem des Wildtyps, eine mögliche Funktion von Schichten, wenn es diese überhaupt gibt (Guy und Staiger, 2017), herauszukristallisieren wird.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen