Analyse des Heißrissverhaltens beim Schweißen neuartiger LTT-Zusatzwerkstoffe
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Der Einsatz von Low Transformation Temperature (LTT)-Zusatzwerkstoffen ist eine innovative Möglichkeit, die Schweißeigenspannungen gezielt zu reduzieren. Vor allem die Erzeugung von Druckeigenspannungen in Schweißgut und Wärmeeinflusszone (WEZ) kann zu einer signifikanten Verbesserung der Lebensdauer hochbeanspruchter Schweißkonstruktionen führen. Hochlegierte Schweißzusätze können jedoch zur Bildung von Erstarrungsrissen neigen, weshalb sich das abgeschlossene Vorhaben mit der Erstarrungsrissbildung zweier LTT-Legierungskonzepte beschäftigte. Im Zuge der Untersuchungen wurde der Mechanismus der Rissbildung im verwendeten Modifizierten Varestraint/Transvarestraint (MVT)-Test einer grundlegenden Neubewertung unterzogen und die zugehörige Auswertestrategie auf Basis neuer Erkenntnisse angepasst. Im MVT-Test wurden die LTT-Legierungen bei variierenden Schweiß- und Beanspruchungsparametern untersucht. Anfänglich widersprüchliche Ergebnisse konnten dabei mittels eines neu entwickelten Auswerteverfahrens schließlich sicher gedeutet werden. Eine bildbasierte digitale Risserfassungsroutine ermöglicht es nun erstmals, die Auswirkung der Beanspruchungsdauer sowie der Rissorientierung in die Auswertung mit einzubeziehen. Anhand der Schmelzbadabmessungen wird die Ausprägung der Isothermen rekonstruiert und das theoretische Risswachstum entlang numerisch bestimmter Kristallisationspfade in Relation zu den tatsächlich auftretenden Rissen betrachtet. Bislang werden Risse in der herkömmlichen Auswertung nicht nach Ort und Zeitspanne ihres Wachstums unterschieden. Hinsichtlich der betrachteten LTT-Legierungen zeigt sich, dass sowohl eine Abhängigkeit des Rissaufkommens von den Schweißparametern als auch von der Beanspruchung vorliegt. Abnehmende Schweißgeschwindigkeiten bei gleichzeitig höherer Wärmeeinbringung fördern die Rissbildung bei steigender Dehnrate. Basierend auf den Ergebnissen wurde ein neues Risskriterium vorgeschlagen, welches eine erweiterte Einschätzung des Werkstoffverhaltens ermöglicht. Der dabei eingeführte Grenzwert vermag klare Abhängigkeiten des Rissaufkommens von den Schweiß- und Prüfparametern zu quantifizieren, was mit der konventionellen Auswertung bislang nicht umfänglich abzubilden war. Die Stärke der neu geschaffenen Auswertemöglichkeit zeigt sich darüber hinaus in der Übereinstimmung mit dem Heißrissmodell nach Prokhorov. Damit sind die Voraussetzungen für den Transfer der Ergebnisse unterschiedlicher Heißrisstests gegeben. Ringversuche werden zeigen, ob die Methodik auch auf die Ergebnisse anderer Varestraint-Prüfeinrichtungen anwendbar ist. Weiterhin wurde im Vorhaben die Computertomographie (µCT) dazu genutzt, die Rissbildung erstmals auch im Volumen systematisch zu erfassen. Es gelang dadurch, das bislang nicht zugängliche 3D-Heißrissnetzwerk umfänglich zu beschreiben und anhand charakteristische Kennwerte zu quantifizieren. Da im Gegensatz zur oberflächenbasierten Auswertung für das Volumen eine Probenpräparation, genauer eine Verkleinerung der Probe, nötig ist, wurde der Einfluss dieser Probenvorbereitung auf die erfasste Risslänge- bzw. das Rissvolumen bewertet. Ein Aspekt der, so zeigte sich, bei stark eigenspannungsbehaften Proben (hier LTT mit hohen Druckeigenspannungen im Bereich der schweißnaht) bei Heißrissbewertungen auf Basis der vorliegenden 3D Rissnetzwerke in jedem Fall berücksichtigt werden muss. Auch für diesen Auswerteansatz wurde eine Auswertestrategie implementiert, mit der Heißrissparameter ermittelt werden können, um die Heißrissneigung von Werkstoffen zu beschreiben. Es wurde gezeigt, dass dieser - zugegeben aufwendige Auswerteansatz - die Standard-Oberflächenauswertung sinnvoll ergänzt. Weiterhin trägt das Rissnetzwerk im Volumen, im Unterschied zur Oberfläche, bis dato vernachlässigte Informationen in hoher Analogie zum theoretischen Heißrissmodell nach Prokhorov. So kann über die Tiefenausdehnung der Risse prinzipiell auf die nötige Mindestverformung zur Rissinitiierung geschlossen werden. Ziel wird es zukünftig sein, diese Information für die Heißrissbewertung zu gewinnen.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- Metallographische Charakterisierung von Heißrissnetzwerken in LTT-Schweißnähten. Praktische Metallographie Sonderband 51 (2017), p. 303-308
Vollert, F., H. Ohl, J. Dixneit, N. Mironov, J. Gibmeier
- Effect of Residual Stress Relaxation due to Sample Extraction on the Detectability of Hot Crack Networks in LTT Welds by means of μCT. Materials Research Proceedings 4 (2018), p. 85-90
Vollert, F., J. Dixneit, J. Gibmeier
(Siehe online unter https://doi.org/10.21741/9781945291678-13) - In-situ analysis of the strain evolution during welding using low transformation temperature filler materials. Science and Technology of Welding and Joining, 24 (2019) 3, p. 243-255
Dixneit, J., F. Vollert, A. Kromm, J. Gibmeier, A. Hannemann, T. Fischer, T. Kannengiesser
(Siehe online unter https://doi.org/10.1080/13621718.2018.1525150) - Hot crack assessment of LTT welds using µCT. e-Journal of Nondestructive Testing (2020) 25
Vollert, F., M. Thomas, A. Kromm, and J. Gibmeier
- Solidification Cracking Assessment of LTT Filler Materials by Means of Varestraint Testing and µCT. Materials (Basel), 2020. 13(12)
Vollert, F., M. Thomas, A. Kromm, and J. Gibmeier
(Siehe online unter https://doi.org/10.3390/ma13122726) - Surfaceand volume-based investigation on influences of different Varestraint testing parameters and chemical compositions on solidification cracking in LTT filler metals. Welding in the World, (2020) 64(5): p. 913-923
Thomas, M., F. Vollert, J. Weidemann, J. Gibmeier, A. Kromm, and T. Kannengiesser
(Siehe online unter https://doi.org/10.1007/s40194-020-00895-2) - Assessment of the solidification cracking susceptibility of welding consumables in the Varestraint test by means of an extended evaluation methodology. Advanced Engineering Materials
Kromm, A., M. Thomas M., T. Kannengiesser, J. Gibmeier and F. Vollert
(Siehe online unter https://doi.org/10.1002/adem.202101650)