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Synagoge Niederzissen - Funde aus der Genisa
Antragsteller
Professor Dr. Andreas Lehnardt
Fachliche Zuordnung
Religionswissenschaft und Judaistik
Förderung
Förderung von 2013 bis 2017
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 254173583
In den vergangenen Jahrzehnten sind in Deutschland zahlreiche Genisot entdeckt worden, die meisten davon im süddeutschen Raum, dessen Dörfer, nach der Ausweisung der Juden aus den größeren Städten, vom 17. Jahrhundert bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts viele kleinere Gemeinden aufgenommen hatten. Die in den vergangenen Jahren renovierte und im Jahre 2012 wiedereröffnete Synagoge in Niederzissen in der Nähe von Koblenz hat eine der größten Genisot in Deutschland bewahrt. Als Genisa wird ein Stauraum für gebrauchte religiöse Schriften und Gegenstände bezeichnet - meist unter dem Dach einer Synagoge wie in der berühmten Kairoer Ben Esra-Synagoge, in der die für die Forschung bis heute bedeutendste Genisa gefunden wurde. Die 1841 eingeweihte Synagoge von Niederzissen zeichnete sich durch ihren großen Einzugsbereich aus. Bücher und Schriften aus dem gesamten Kreis wurden in die Genisa der Synagoge verbracht. Die Funde sind allerdings bislang nur zu einem kleinen Teil ausgewertet und katalogisiert. In einer ersten Veröffentlichung (2012) ist auf die überregionale Bedeutung der einzigartigen Funde hingewiesen worden. Nun müssen die Funde dringend vollständig erfasst und entsprechend gelagert werden. Der Antragsteller hat daher in enger Abstimmung mit den Verantwortlichen vor Ort (Förderverein alte Synagoge Niederzissen e.V.) den Auftrag erhalten, die Funde zu sichten, zu katalogisieren und sachgerecht zu lagern. Von einzigartiger Bedeutung ist die Genisa Niederzissen hinsichtlich ihrer umfangreichen Textilfunde, die den größten bisher jemals geborgenen Bestand an jüdischen Ritualien aus Stoff darstellen. Die neuen in der Genisa der Synagoge von Niederzissen gefundenen Textilien erweitern das Bild von der jüdischen Ritualkultur insofern in signifikantem Maß, als hier nicht nur farbenprächtig bestickte bzw. bemalte Torawimpel zum Vorschein gekommen sind, sondern auch andere synagogale Textilien, etwa für den Toraschrein oder zum persönlichen Gebrauch der Betenden selbst. Derartige Objekte sind zwar schon lange bekannt und mittlerweile auch in einigen bedeutenden Sammlungen zu finden, etwa im Jewish Museum London, im Jewish Museum New York oder im Israel Museum. Meist handelt es sich jedoch um Ausnahmeobjekte, die wegen ihrer Kostbarkeit und/oder Geschichte tradiert wurden. Im Gegensatz dazu handelt es sich bei den Textilien aus der Genisa von Niederzissen um Ritualobjekte einer einfachen Landjudengemeinde, die aus den gebotenen Umständen heraus ihre Ritualien aus wieder verwendeten Alltagsstoffen fertigte. Die Bergung und Erschließung der Funde aus der Genisa Niederzissen stellt ein wichtiges Desiderat der Forschung dar. Da die Funde in schlechtem Zustand sind und derzeit provisorisch in Kartons und Schachteln gelagert werden, ist die rasche Bearbeitung dringend geboten. Die Funde sollen fotographiert, vermessen und detailliert beschrieben werden. Auf der Web-Seite des Fördervereins werden die wichtigsten Funde veröffentlicht.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
Beteiligte Person
Professorin Dr. Annette Weber