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µLaue Untersuchung zur Wechselwirkung von Versetzungen mit Korngrenzen

Fachliche Zuordnung Mechanische Eigenschaften von metallischen Werkstoffen und ihre mikrostrukturellen Ursachen
Förderung Förderung von 2014 bis 2019
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 254889688
 
Erstellungsjahr 2019

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die plastische Verformung metallischer Werkstoffe bei moderaten Temperaturen und Dehnraten findet über Versetzungsplastizität statt. Dabei werden lineare Gitterdefekte, sogenannte Versetzungen, durch Schubspannungen im Kristall bewegt und so bleibende Verformung realisiert. Obwohl die Grundzüge der Versetzungsplastizität im Einkristall seit beinahe einem Jahrhundert verstanden sind, ist das Verständnis der Transmission einzelner Versetzungen durch Kristallgrenzen – sogenannte Korngrenzen – nur rudimentär. Im Zuge des Projekts sollte ein grundsätzliches Verständnis der Versetzungs-Korngrenz-Wechselwirkung aufgebaut werden. Im Speziellen sollte dieses Verständnis über mikromechanische Verformungsexperimente aufgebaut werden. Hierfür wurden kleine Probenvolumina über fokussierte Ionenstrahlen isoliert und anschließend gezielt verformt. Die Verformungsstrukturen wurden einerseits im Rasterelektronenmikroskop (REM), andererseits auch mittels Synchrotron-basierter Laue Mikrobeugung (µLaue) analysiert. Die Ergebnisse des Projekts sind weitreichend: 1) Je kleiner ein Kristallit, desto höher seine Festigkeit. Dies wurde über die letzten siebzig Jahre dem Aufstau von Versetzungen an der Korngrenze zugeschrieben. Im Zuge des Projekts konnte gezeigt werden, dass ein Versetzungsaufstau nicht notwendig ist um eine Festigkeitssteigerung zu erzielen. Im Gegenteil, die Festigkeitssteigerung kann auf die Größe von Versetzungsquellen zurückgeführt werden. Die Versetzungsquellgröße skaliert mit der Korngröße. Entsprechend ist die Festigkeitszunahme (der Hall-Petch Effekt) ein Korngrößen- und kein Korngrenzeneffekt. 2) Die Versetzungstransmission wird durch die nicht-konservative Versetzungsbewegung in der Korngrenze limitiert. Dies ist ein thermisch aktivierter Prozess. Damit ist die Korngrenztransmission von der Temperatur und der Dehnrate abhängig. Dies wird in derzeit akzeptierten Modellen der Versetzungstransmission noch nicht berücksichtigt. 3) Die Transmissionsspannung, welche notwendig ist um eine einzelne Versetzung durch eine Korngrenze zu drücken, konnte erstmals für eine kohärente Zwillingskorngrenze bei definierter Temperatur und Dehnrate gemessen werden. 4) Eine allgemeine Aussage über den Mechanismus der Versetzungs-Korngrenz-Wechselwirkung ist nicht möglich. Jedoch können für wenige definierte Korngrenzen (z.B. für eine kohärente Zwillingskorngrenze) Transmissionspfade definiert werden. Im Falle der kohärenten Σ3 Zwillingskorngrenze konnte ein dem Quergleiten ähnlicher Mechanismus identifiziert werden. Die Projektziele wurden im Wesentlichen erfüllt. Die Ergebnisse übersteigen hinsichtlich der Qualität der Daten aber auch hinsichtlich der Schlussfolgerungen im Bereich der Mikroplastizität an Korngrenzen die Erwartungen bei weitem. Einzig der Einfluss der Stapelfehlerenergie auf die Versetzungs-Korngrenz-Wechselwirkung konnte nicht gemessen werden. Der hier verwendete Forschungsansatz sollte zukünftig für verschiedene Korn- und Phasengrenzen in unterschiedlichen metallischen Materialien verwendet werden.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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