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Kunsthistoriographie und Künstlerbiographik im 17. Jahrhundert. Giovanni Pietro Belloris Vitenwerk in seinen Kontexten

Fachliche Zuordnung Kunstgeschichte
Förderung Förderung von 2014 bis 2019
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 256837748
 
Erstellungsjahr 2019

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Zentrales Ergebnis unserer Forschung ist es, zu zeigen, wie die Kunsthistoriographen des 17. Jahrhunderts mit der Teleologie des von Vasari postulierten Geschichtsmodells und mit dessen normativen Setzungen – allen voran dem toskanischen Hegemonieanspruch und der Perfektion ‚der Kunst‘ in der Person Michelangelos – umgegangen sind. Darüber hinaus ist es uns gelungen zu zeigen, dass sich diese Autoren intensiv mit der Frage auseinandergesetzt haben, ob und wie sich historische Entwicklungen angemessen beschreiben lassen und welche Modelle der Wissensordnung – besonders angesichts der zunehmenden Fülle von Wissensbeständen und einem sich wandelnden Wissenschaftsverständnis – sinnvoll sind. Wir untersuchten zwei Gegenmodelle, die unterschiedlicher nicht sein könnten: auf der einen Seite Giovan Pietro Belloris Vite de’ pittori, die aus nur zwölf Künstlerviten bestehen und mit Exemplarität gegen Vasaris opus magnum anschreiben, und auf der anderen Seite Filippo Baldinuccis Notizie de’ professori del disegno da Cimabue in qua mit ihren mehr als 700 Biographien, die auf stetige Aktualisierung und Fortsetzung angelegt sind. Gemein ist beiden – neben der Berücksichtigung aller Gattungen und der gesamten europäischen Kunstlandschaft – das Bestreben, Wissen systematisch zu ordnen und abrufbar zu machen. Während Bellori die Geschichte der Kunst nach dem von Vasari angedeuteten, mit Michelangelos Tod eintretenden Verfall fortschreibt, indem er in Annibale Carracci einen erneuten Höhepunkt erkennt und den Verfall hinauszögert, ist ‚Perfektion‘ für Baldinucci kein singuläres Phänomen mehr, sondern er gibt einen Rahmen vor, dessen Grenzen von Cimabue und Michelangelo markiert werden und innerhalb dessen jeder Künstler seine ihm eigene Perfektion ausbilden kann. Zudem verfasste die Projektleiterin Valeska von Rosen vier Aufsätze und realisierte eine deutsche Übersetzung mit umfassendem Kommentar der Caravaggio-Vita Giovan Pietro Belloris, die rege mediale Reaktionen hervorrief: Rezensionen veröffentlichten der Deutschlandfunk (Michael Wetzen, 02. April 2019), der Westdeutsche Rundfunk (Martin Krumbholz, 05. Februar 2019) und die Zeit (Oskar Bätschmann, 29. Januar 2019).

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • „Zwischen Normativität und Deskriptivität, oder: Wie sich ‚Geschichte‘ nach Vasari schreiben lässt. Bellori in den 1640er Jahren“, in: Vasari als Paradigma. Rezeption, Kritik, Perspektiven/The Paradigm of Vasari. Reception, Criticism, Perspectives, hg. v. Fabian Jonietz & Alessandro Nova, Florenz 2016, S. 163–182
    Valeska von Rosen
  • „Wissensordnung und Darstellungsmaximen in der Biografik ‚nach Vasari‘. Giovanni Pietro Bellori in den 1660er Jahren“, in: Wahrnehmen, Speichern, Erinnern. Memoriale Praktiken und Theorien in den Bildkünsten 1650 bis 1800, hg. v. Bettina Gockel & Miriam Volmert, Berlin 2017, S. 94–138
    Valeska von Rosen
  • Giovan Pietro Bellori, Vita di Michelangelo Merisi da Caravaggio. Leben des Michelangelo Merisi da Caravaggio, übers., hg., komm. u. mit einem Aufsatz vers. von Valeska von Rosen, Göttingen 2018, ISBN 978-3-8353-3366-6
    Valeska von Rosen (Hrsg.); Giovan Pietro Bellori
  • „Perfection as Rhetorical Techne and Aesthetic Ideal in the Renaissance Discourse on Art“, in: Perfection: The Evolving Essence of Art and Architecture in Early modern Europe, hg. v. Lorenzo Pericolo & Elisabeth Oy-Marra, Turnhout (Brepols) 2019, S. 55–73
    Valeska von Rosen
  • Notizie de’ Professori del disegno von Filippo Baldinucci : Verwissenschaftlichung kunsthistorischen Wissens im 17. Jahrhundert, Berlin [u.a.] 2020. 446 S.
    Isabell Franconi
 
 

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