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Slavic verbal aspect in West and South Slavic linguistic enclaves

Subject Area Individual Linguistics, Historical Linguistics
Term from 2014 to 2023
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 257620856
 
Final Report Year 2024

Final Report Abstract

Hauptziel des Projekts war die Analyse des Verbalaspekts in den vom Aussterben bedrohten süd- und westslavischen Sprachinselvarietäten im "totalen Sprachkontakt", in formaler wie in funktionaler Hinsicht, insbesondere unter dem Gesichtspunkt des möglichen Einflusses der jeweiligen Kontaktsprachen. Die Daten in den Schwerpunktsprachen wurden hauptsächlich in Feldforschung vor Ort gewonnen, was neben den üblichen Unvorhersehbarkeiten vor allem infolge der Pandemie mit ihren personenbezogenen Beschränkungen in einigen Punkten Umplanungen bedingte. In den schwerpunktmäßig untersuchten Arealen befinden sich slavische Minderheitensprachen unter dominantem Einfluß des Italienischen (Friaul, Molise) bzw. des Deutschen (österreichisches Burgenland, Sachsen). Dabei handelt es sich um das slovenisch-basierte Resianisch und das kroatisch-basierte Moliseslavische bzw. das ebenfalls kroatisch-basierte Burgenlandkroatische und das Obersorbische. Zentrales Element der Untersuchungen war der Vergleich der einzelsprachlich gewonnenen Ergebnisse untereinander, um verallgemeinerte und belastbare Schlüsse hinsichtlich des Einflusses der Struktur der jeweiligen Dominanzsprache auf die Entwicklung in der Minderheitensprache zu gewinnen. Zu diesem Zweck wurden diverse Konstellationen von Nehmer- und Gebersprachen miteinander in Beziehung gesetzt, wobei für den Vergleich auch slavische Standardsprachen herangezogen wurden. Zur Erweiterung der Triangulationsmöglichkeiten und damit einer Konsolidierung der Ergebnisse wurden von den Projektbeteiligten weitere (nicht nur slavische) Mikrosprachen einbezogen, namentlich Kärntnerslovenisch, Italoalbanisch, Niedersorbisch und Istroromunisch, vermehrt um weitere Konstellationen, die sich aus der Zusammenarbeit mit anderen Aspektologen ergaben, vor allem in Italien und auf dem Balkan. Hierzu wurde 2019 auch eine internationale Tagung organisiert, deren Ergebnisse 2023 in einem Sammelband (peer-reviewed, open access) publiziert wurden. In formaler Hinsicht wurden 3 Haupttypen von Aspektkategorien untersucht, die derivative genuin-slavische Perfektivitätsopposition, die morphosyntaktische Opposition von Imperfekt und Aorist/Perfekt, sowie periphrastische Oppositionen, über die aspektuelle Einzelfunktionen wie Progressivität, Imminenz und Habitualität versprachlicht sind. Inhaltlich wurden die einzelnen Aspektkategorien in ihrer Interaktion untereinander sowie mit Lexembedeutungen und mit anderen grammatischen Kategorien untersucht. Hierzu zählen die Passivdiathese, das aspektuelle Verhalten von Präteritum, Präsens und Futur, sowie Verschiebungen zwischen Tempus und Modus. In der Summe konnte der kontaktinduzierte Charakter der Entwicklungen im Bereich des Verbalaspekts hinsichtlich Abbau, Umbau und Aufbau voll bestätigt werden. Einzelne Fälle von Resistenz/Konservativität und von sprachinterner Weiterentwicklung konnten einerseits auf das Fehlen von Anpassungsmodellen in der jeweiligen Dominanzsprache zurückgeführt werden, andererseits auf die Vermeidung struktureller Lücken in der minderheitssprachlichen Grammatik. Die Ergebnisse des Projekts können als wichtiger Bestandteil für eine allgemeine Theorie zur Rolle des Sprachkontakts beim Wandel von Aspektsystemen verstanden werden. Daneben trug das Projekt in erheblichem Umfang auch zur Dokumentation der durchwegs vom Sprachtod bedrohten slavischen Varietäten in nichtslavophoner Umgebung bei.

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