Materialwissenschaftler und Werkstofftechniker nach dem Zweiten Weltkrieg/ Zeitzeugengespräche
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das Projekt zielte darauf ab, die Erinnerungen der Zeitzeugen der Materialwissenschaft und Werkstofftechnik (MatWerk) aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg zu sichern und der materialhistorischen Forschung zugänglich zu machen. Das Vorhaben sollte dazu beitragen, die Bedeutung von MatWerk als technisch-wissenschaftlicher Disziplin, aber auch als Profession im Kontext der unterschiedlichen Phasen der Nachkriegsgeschichte bewerten zu können. In den 1960er Jahren hatten die Leiter der unternehmenseigenen Forschung deutlich mehr Spielräume. Umgekehrt waren aber auch die Hochschulinstitute durch ihre zum Teil ausgezeichnete Ausstattung in der Lage, subtile Fragestellungen durch Doktoranden bearbeiten zu lassen. Den Unternehmen, z.B. Siemens oder Vacuumschmelze, war wichtig, sich durch ihre Materialforscher auf den DGM-Tagungen vertreten zu lassen. Die Vorstände der Unternehmen der Metallindustrie sind in der Regel heute keine Naturwissenschaftler oder Ingenieure mehr, was nachteilig für die Metallkunde ist. Die DGM zeichnete sich durch ihre hohe Interdisziplinarität aus. Der Metallographieausschuss der DGM spielte von Anfang eine herausragende Rolle. Unisono wiesen die Befragten auf die gesellschaftliche Bedeutung der DGM-Tage hin. Mehrere der Interviewten verbrachten längere Zeiten an amerikanischen Universitäten, Forschungseinrichtungen oder in Unternehmen. Auffällig war in diesen Zeiten die Häufung ausländischer Wissenschaftler in den US-Einrichtungen. Deutsche Materialforscher trugen zur US-Raumfahrtforschung maßgeblich bei. In der Pulvermetallurgie gab es einen Wissenstransfer aus Deutschland in die USA. Ein Zeitzeuge war in die EGKS-Forschung eingebunden. Dieser europäische Austausch mit den englischen, französischen und italienischen Kollegen war sehr intensiv und die Finanzierung großzügig. In den 1970er Jahren gab es Schulungen der Kollegen in brasilianischen Unternehmen im Rahmen der entwicklungspolitischen Aktivitäten der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ). Auch mit Südkorea wurden Beziehungen dieser Art unterhalten. Die DDR-Kollegen zeichneten sich durch eine hohe Improvisationsfähigkeit aus, da sie ihren messtechnischen Bedarf nicht einfach per Bestellung decken konnten. Eine Einschränkung der Entwicklung resultierte aus der Verhinderung des fachlichen Austausches aus politischen Gründen, da es ausschließlich den "Reisekadern" gestattet war, an wichtigen Tagungen im Westen teilzunehmen. Die MPI-Direktoren waren durch ihre Grundfinanzierung weitgehend frei. Bei der Keramik kamen Mittel von der DFG und dem BMFT. Die Förderungsverfahren beim BMVg liefen mit deutlich geringerem Antragsaufwand als bei der DFG. Die Stahlforschung profitierte von der deutlich größeren ökonomischen Basis der Industrie.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Das Jahr 1990 und die Wiedervereinigung der deutschen Materialkundler und Werkstofftechniker, Essen 2017
Maier, Helmut (Hg.)
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Entfremdung, Abschottung, Wiedervereinigung (Einleitung), in: Maier, Helmut (Hg.): Das Jahr 1990 und die Wiedervereinigung der deutschen Materialkundler und Werkstofftechniker, Essen 2017, S. 7-42
Maier, Helmut
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„Aber ich würde sagen, da war kein grundsätzlicher Unterschied.“ Werkstoffwissenschaften in der DDR aus westdeutscher Sicht, in: Maier, Helmut (Hg.): Das Jahr 1990 und die Wiedervereinigung der deutschen Materialkundler
und Werkstofftechniker, Essen 2017, S. 129-140
Ingenerf, Nikolai
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100 Jahre Deutsche Gesellschaft für Materialkunde 1919 bis 2019 : eine Dokumentation. Essen 2019. 675 S.
Maier, Helmut