Detailseite
Mechano-chemische Kopplung an Materialoberflächen: Vorhersage und Experiment
Antragsteller
Professor Dr. Stefan Müller (†); Professor Dr.-Ing. Jörg Weißmüller
Fachliche Zuordnung
Mechanische Eigenschaften von metallischen Werkstoffen und ihre mikrostrukturellen Ursachen
Förderung
Förderung von 2014 bis 2020
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 259138080
Während das partielle Atomvolumen von Fremdatomen in Mischkristallen oder von Konstituenten in einer intermetallischen Verbindung - und damit auch die Kopplung zwischen Spannungszustand und chemischem Potential - seit vielen Jahrzehnten Gegenstand der materialwissenschaftlichen Forschung ist, finden die analogen Prozesse an Oberflächen bislang weit weniger Beachtung. Das Ziel des vorliegenden Projekts ist die Untersuchung der Kopplung zwischen der Mechanik von Oberflächen und Adsorptionsprozessen.Das Grundphänomen ist hier, dass eine Kapillarkraft, die elastische Flächenspannung, an Zustandsänderungen der Oberfläche gekoppelt ist. Die Absorption von Fremdatomen aus der Gasphase oder von Ionen aus der Lösung, bzw. die rein kapazitive elektrische Aufladung der Oberfläche, führen also zu einer Änderung der elastischen Flächenspannung, die eine Verformung des Materials bewirkt. Diese Beobachtung wird in modernen Biosensoren genutzt, deren miniaturisierte Biegebalken auf Adsorption durch eine messbare Verformung reagieren. Zudem ist in aktuellen Arbeiten gezeigt worden, dass die reversibel kontrollierte Adsorption bzw. Desorption von Atomen oder Ionen auf der Oberfläche nanoporöser Metalle zu großen mikroskopischen Dehnung führt. Dies eröffnet prinzipiell die Möglichkeit für neuartige metallische Aktormaterialien mit großer Dehnungsamplitude und großer Energiedichte.Die mikroskopischen Mechanismen hinter der Kopplung zwischen Zustandsänderungen an Materialoberflächen und dem Spannungszustand sind bislang bestenfalls in Ansätzen verstanden. Eine Theorie, anhand derer die Stärke der Kopplung für eine gegebene Materialoberfläche und ein gegebenes Adsorbat vorhergesagt werden könnte, ist nicht bekannt. Zudem ist gerade die Flächenspannung bei der reversiblen Adsorption und Desorption leichter Elemente, wie sie für Anwendungen in der Aktorik und Sensorik relevant ist, wenig untersucht. Vor diesem Hintergrund zielt das Forschungsvorhaben auf 1.) die erstmalige Bestimmung quantitativer Werte für die Kopplung zwischen Kapillarkraft und Adsorption im Abgleich zwischen Experiment und Theorie und 2.) verallgemeinerbare Einsichten in die zugrunde liegenden mikroskopischen Mechanismen.Untersucht wird die Adsorption von H und O auf Oberflächen der Metalle Au, Pt, Ir. Der methodische Ansatz zur Berechnung der Kopplung in der Theorie ist die elektronentheoretische Dichtefunktionaltheorie. Um den gesamten Konfigurationsraum der Systeme effizient abrastern zu können, werden zusätzlich Clusterentwicklungen eingesetzt. Im Experiment werden Änderungen der elastischen Flächenspannung bei der Adsorption aus der Gasphase und bei der Elektrosorption mit der Substratbiegemethode bestimmt. Komplementär wird die Variation des Elektrodenpotentials als Funktion der Dehnung während unterschiedlicher Elektrosorptionsprozesse mittels von einem Antragsteller entwickelten Verfahrens der Dynamisch-Elektro-Chemo-Mechanischen Analyse gemessen.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen