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Theoretische Untersuchung dissipativer Prozesse in Proteinen mit zweidimensionaler Infrarot-Spektroskopie und Quantenkontrolle anhand atomistischer Simulationen

Antragsteller Dr. Alexander Schubert
Fachliche Zuordnung Theoretische Chemie: Elektronenstruktur, Dynamik, Simulation
Förderung Förderung von 2014 bis 2015
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 259156518
 
Erstellungsjahr 2016

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Wir verwenden einen gemischt quanten-klassischen Algorithmus zur atomistischen Beschreibung dissipativer Prozesse in Vibrationsfreiheitsgraden. In Anlehnung an kürzlich durchgeführte transiente UV-IR-Absorptionsexperimente dient das Sauerstoffsensorprotein FixL in wässriger Umgebung als Referenzsystem. Das FixL enthült eine Hamgruppe, von der mittels UV-Anregung ein Kohlenstoffmonoxid-Molekül abgespaltet wird, das anschließend ungebunden in der Hämtasche propagiert. Die spektrale Analyse zeigt die kurzzeitige Besetzung von höheren CO-Vibrationszuständen, deren Anregung aufgrund des ultrakurzen Laserpulses kohärent erfolgte. In der Simulation wird die CO-Vibrationsmode daher quantenmechanisch beschrieben, während die Freiheitsgrade der Rotation und der Schwerpunktsbewegung sowie der Protein- und Lösungsmittelumgebung klassisch erfasst werden. Die Propagation der klassischen Freiheitsgrade erfolgt anhand Molekularer Dynamik (MD), während die atomistische Umgebung über vibrational Surface Hopping mit dem Quantensystem in Wechselwirkung tritt. Dieser nicht-markovsche Algorithmus erlaubt es, den dissipativen Einfluss jedes Umgebungsatoms separat zu ermitteln; das umfasst die Beitrage zu nicht-adiabatischen Kopplungselementen, die den Energieabfluss an die Umgebung bestimmen, sowie zu Fluktuationen der Effektivkraft, die auf den Vibrationsfreiheitsgrad einwirkt und die den Kohärenzzerfall verursacht. Zudem bietet die explizite Rückwirkung des Quantensystems auf die Umgebung die Möglichkeit, die an das Protein abgegebene Energie mit atomistischer Auflösung zu verfolgen. Auf diese Weise gelang es, ein detailliertes Bild des Verlaufs der Vibrationsrelaxation und der Dekohärenz zu gewinnen und die relevanten Residuen und funktionelle Gruppen zu identifizieren. Auf Grundlage derartiger Einflussfaktoren konnten aus der MD Kenngrößen der Depopulation angeregter Zustände und der Dekohärenz gewonnen werden, die eine dimensionsreduzierte, parametergestützte Simulation der Umgebung ermöglichen, die wiederum geeignet ist, speicher- und rechenzeitintensive Simulationen wie die der 2D-IR-Spektroskopie durchzuführen. Ein derart parametrisierter Algorithmus wurde verwendet, um ein Experiment zu konzipieren, bei dem obiger IR-Abfragepuls durch eine IR-Pulssequenz ersetzt wurde. Das Experiment entspräche einer Vier-Wellen-Mischung (FWM) mit einem Anfangszustand im Nichtgleichgewicht, wie im Beispiel der UV-Photolyse des CO oder bei photoangeregten Zuständen in Lichtsammelkomplexen. Es konnte gezeigt werden, dass in diesem Fall Emissionen in neue Phase-Matching-Richtungen zu erwarten sind, die eine direkte, hintergrund-freie Vermessung der Dekohärenz in Echtzeit gestatten. Eine zusätzliche Modulation der Verzögerungszeit innerhalb der IR-Pulssequenz ermöglicht die Erzeugung von 2D-IR-Spektren, die weitere zeit- und zustandsaufgelöste Informationen über die Dekohärenz spektroskopisch zugänglich machen. Diese Technik eignet sich daher, die komplexe Nichtgleichgewichtsdynamik elektronisch angeregter Zustände zu untersuchen. Wir hoffen, damit insbesondere zur Klärung der Frage beitragen zu können, ob und inwiefern Kohärenzen in biochemischen Prozessen wie dem Energie- und Ladungstransfer eine Rolle spielen.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Vibrational-coherence measurement of nonequilibrium quantum systems by four-wave mixing, Physical Review A, 92, p. 053402 (2015)
    Alexander Schubert, Cyril Falvo, Christoph Meier
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1103/PhysRevA.92.053402)
 
 

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