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„Zelle der Zukunft“. Die Bauausstellung in Deutschland zwischen 1927 und 1957
Antragstellerin
Dr. Regine Heß
Fachliche Zuordnung
Architektur, Bau- und Konstruktionsgeschichte, Bauforschung, Ressourcenökonomie im Bauwesen
Kunstgeschichte
Kunstgeschichte
Förderung
Förderung von 2014 bis 2024
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 260959582
Das beantragte Projekt schließt die Forschungslücke hinsichtlich der Entwicklungsgeschichte der Bauausstellung der Moderne. Ziel ist die Erstellung einer Studie unter Nutzung von bereits geleisteten Vorarbeiten in Archivforschung, Quellenanalyse und Konzeption. Es bedient sich dabei eines methodischen Instrumentariums aus Architekturgeschichte und -soziologie, Diskursanalyse, Akteur-Netzwerk-Theorie und Zeitgeschichte. Zwischen Weißenhofausstellung 1927 und Interbau 1957 sind Bauausstellungen zu Massenereignissen geworden, die immer größere Areale der Stadt besetzten, um mit kuratorischen Praxen und gestalterischen Strategien zu experimentieren. Mit einer halben Million Besucher/-innen 1927 in Stuttgart, sieben Millionen bei „Schaffendes Volk“ in Düsseldorf 1937 und 1,4 Millionen 1957 in West-Berlin boten sie ein breit rezipiertes Forum für Diskussion und Propaganda von aktuellen Bauweisen. Damit stellten sie auch architektonische und soziokulturelle Konzepte des Wohnens, Einrichtens und Konsumierens aus und waren Schauplätze individueller Lebensführung und gemeinschaftlichen Zusammenlebens. Die deutsche Architekturhistoriographie neigte bislang dazu, Bauausstellungen einzeln und zumeist ausschließlich ihre Bauten zu analysieren. Doch mit ihren Hallen, Messen, Kongressen, Luna Parks, Gärten und Konzerten sind Bauausstellungen ein bisher noch nicht untersuchtes Beispiel von Heterotopie mit einem sich in Inhalt und Rhetorik deutlich wandelnden Diskurs um Wohn- und Gesellschaftsmodelle. Das beantragte Forschungsprojekt setzt sich drei Ziele: (1) Darzustellen, wie Bauausstellungen nicht nur der Demonstration von Neuerungen im Bauen und Wohnen dienten, sondern auch der Imagination idealer Gesellschaften in einem Mikrokosmos auf Zeit. (2) Entwicklungsgeschichtlich argumentierend zu zeigen, wie Ausstellungsorganisatoren das Problem der Wohnung als Mittel zur Erkenntnis der „veränderten materiellen, sozialen und geistigen Struktur unserer Zeit“ instrumentalisierten und es in Ausstellungsarchitektur implementierten, um den „Kampf um neue Lebensformen“ zu artikulieren (Ludwig Mies van der Rohe 1927). (3) Daran schließt die dritte Zielsetzung an: den Wandel der soziopolitischen Strukturen zwischen 1927 und 1957 herauszuarbeiten, wie er sich an Bauten, Exponaten, Konzepten, Dekorationen und den Aussagen der Beteiligten zeigt. Dazu sind Textquellen auch jener Akteure heranzuziehen, die nicht dem Berufsstand der Architekten angehörten: Politiker, Soziologen, Künstler, Designer, Kunsthistoriker, Unternehmer und Publizisten. Das beantragte Forschungsprojekt kreuzt auf dem Feld der Bauausstellung Perspektiven von innerhalb und außerhalb der Architektur. Es adressiert nicht nur die langwährende Vernachlässigung von Bauausstellungen als bedeutenden Aushandlungsort von Architektur und Lebensstilen der Moderne, sondern erweitert auch das Verständnis der sich hier verschränkenden Einflüsse.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
Internationaler Bezug
Schweiz