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Interessenvertretung in nationalen und transnationalen Handlungsräumen: Unternehmensrestrukturierung und das Problem der Interessenartikulation
Antragsteller
Professor Dr. Thomas Haipeter
Fachliche Zuordnung
Empirische Sozialforschung
Förderung
Förderung von 2014 bis 2019
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 262236404
Interessenvertretung von Beschäftigten in internationalen Konzernen findet auf einer Vielzahl von Handlungsebenen statt, die sich von der lokalen Ebene der Betriebe bis zur Ebene internationaler Interessenvertretungen aufspannen. Zwar existieren zahlreiche Studien zu Betriebsräten als lokalen Interessenvertretungen und zu Europäischen Betriebsräten, doch sind inter-mediäre Ebenen wie Gesamt- oder Konzernbetriebsräte kaum untersucht worden. Insbesondere das Zusammenspiel zwischen den Interessenvertretungsebenen, zu denen auch noch die Mitbestimmung in Aufsichtsräten und Gewerkschaften gehören, wurde bislang nicht systematisch konzipiert und analysiert. Dies hat zwei Forschungsdesiderate zur Folge. Zum einen konnte die Frage der Konstruktion, Koordinierung und Vermittlung kollektiver Interessen zwischen den Handlungsebenen nicht erfasst werden. Zum anderen wurden Probleme der Legitimation vernachlässigt, die gerade grenzüberschreitende Interessenvertretungen wegen ihrer institutionellen Distanz zu den lokalen Akteuren aufweisen können. Das Projektvorhaben erweitert daher die analytische Perspektive, indem es fragt, wie das Zusammenspiel und die Abstimmungsprozesse, die Artikulation, zwischen verschiedenen Institutionen und Akteuren der Interessenvertretung auf den unterschiedlichen Ebenen eines inter-nationalen Konzerns funktionieren. Ziel ist die theoretisch fundierte Analyse der Abstimmungsprozesse zwischen den Interessenvertretungsebenen auf Basis empirischer Falluntersuchungen. Auf diese Weise soll sowohl der wissenschaftliche Kenntnisstand zur Interessenregulierungspraxis in internationalen Konzernen erweitert als auch ein eigener Beitrag zur Theoriebildung innerhalb der Arbeits- und Industrie- sowie Organisationssoziologie geleistet werden. Im Zentrum der empirischen Erhebung stehen Fallstudien in neun Unternehmen aus drei u-terschiedlichen Branchen. Abstimmungsprozesse sollen am Beispiel von Restrukturierungsfällen untersucht werden, in denen die Auslagerung von Unternehmensbereichen, Personalabbau oder die Senkung von Arbeitsstandards verhandelt werden. Zum einen sind in Restrukturierungsphasen lokale Beschäftigteninteressen in besonderer Weise betroffen, und zum anderen ist der Bedarf an einer Koordinierung von Interessen über die Ebenen der Interessenvertretung hinweg besonders hoch. Die Erhebung findet in jeweils drei Ländern mit unterschiedlicher institutioneller Prägung der Interessenvertretung statt, wobei der Hauptsitz der Fallunternehmen aus Gründen der Vergleichbarkeit in Deutschland liegen soll. Experteninterviews werden mit Akteuren der Beschäftigtenvertretung auf unterschiedlichen Ebenen, Gewerkschafts- sowie Managementvertretern geführt. Es sollen empirische Muster des Zusammenwirkens der Ebenen identifiziert, vor der Folie eines Idealtypus transnationaler Interessenvertretung analysiert und unter Rückgriff auf verschiedene Einflussdimensionen erklärt werden.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen